11°10,7´ N / 60°44,2´ W

vor Anker im Hafen von Scarborough in Tobago (KARIBIK)

31. März 2008

 

 

Liebe Freunde der flow-Crew,

 

in diesem neunten Reisebericht berichten wir von unseren Erfahrungen in Brasilien, unserer Flucht aus der Stadt Belem und von einem wunderschönen Ankerplatz im Rio Para.

 

 

19. Januar 2008 – 24. Januar 2008 – Aufenthalt in Belem

Es war ein Fehler, Belem anzulaufen! Es war ein Fehler, längs an den Katamaran des Deutschen zu gehen und dort zu bleiben. Naja, Fehler sind zum Lernen da! Hier haben wir Einiges über Menschen und vor allem über Großstädte dazugelernt. Und dabei hatten wir noch verdammt viel Glück. Doch alles nach und nach....

 

Wir legten bei hohem Schwell und enormer Gegenströmung längs an den Katamaran an. Das erste, was uns der Deutsche zeigte, waren seine Hanfpflanzen, die auf dem Vordeck standen. Wir dachten uns nichts weiter dabei, sondern waren froh über einen „Liegeplatz“. Der Deutsche war ausgesprochen freundlich und lud uns am Abend auf sein Schiff ein. Die Einladung nahmen wir gern an, denn er war seit drei Monaten in Brasilien und hielt sich bereits drei Wochen in Belem auf. Wir hofften auf viele interessante Informationen über Land und Leute. Marcus brauchte für das Festmachen der flow mindestens eine Stunde. Der Schwell machte die Sache etwas schwierig. Wir knallten immer mit voller Wucht gegen die zwei Meter hohe Bordwand des Katamarans.

 

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Als dies geschafft war, gab es, na was wohl: NUDELN. Nach diesem festlichen Mal befanden wir uns auf dem Katamaran in einem klimatisierten Männerhaushalt wieder...

Der erst sieben Jahre alte Kat war ziemlich runtergekommen. Wann das letzte Mal innen sauber gemacht wurde, wollten wir lieber nicht fragen. Außen hatte der Kat viele Beschädigungen. Der Deutsche erzählte uns hierzu eine wirklich verrückte Geschichte:

 

Er ist allein mit dem Kat von den Kapverden über den Atlantik gesegelt. Als er die Genua reffen wollte, weil zuviel Wind aufkam, klemmte sich seine Hand zwischen der Reffleine und der elektrischen Winsch ein. Zusätzlich trat er aus Versehen auf einen Knopf, der die Winsch zum Drehen brachte. Die Reffleine spannte sich und er hörte die Geräusche von brechenden Fingerknochen. Dass die ganze Geschichte mit viel Blutvergießen verbunden war, müssen wir nicht erwähnen. Ihm fehlte ein Messer oder sonst irgendetwas Scharfes, um die Hand zu befreien. Letzten Endes half ihm seine Brille. Die zerschlug er und mit dem Glas durchtrennte er die stramme Leine. Nun verarztete er sich provisorisch und begann treibend ´Maday Maday´ zu funken. Vier Tage dauerte es, bis ihn ein deutscher Frachter hörte. Er wurde an Bord genommen und seinen Kat befestigte man längs an der riesenhohen Bordwand des Frachters. Doch die Wellen bewirkten, dass der Kat immerzu gegen die Bordwand krachte. Als er sich auch noch drehte und frontal den Frachter rammte, wollte der Kapitän des Frachters den Deutschen nicht mehr auf seinen Katamaran lassen, weil zwei große Löcher in beiden Schwimmern zu sehen waren. Er stieg trotz Warnung des Kapitäns wieder auf seinen Kat und kam irgendwie in Belem an.

Für seine Reise von den Kapverden nach Brasilien brauchte er ganze 35 Tage. Eine Woche konnte er nur mit dem Vorsegel auf und ab segeln, weil ein Südwest-Sturm (die Richtung in die er wollte) ihm das Leben schwer machte und er das kaputte Großsegel nicht mehr nutzen konnte - Resultat des Sturmes. Er berichtete weiter, dass er die letzte Woche nichts mehr zu essen hatte. Abgemagert kam er in Brasilien an. Was für uns ebenfalls sehr erstaunlich war, ist die Tatsache, dass er nur mit einem Hand-GPS auf den Weltmeeren rumschipperte. Die elektronischen Karten auf dem GPS endeten in der Einfahrt des Rio Para. Auf die Frage, wie er ohne Karten hier angekommen sei, sagte er nur, er habe einen Tiefenmesser. Nach dieser irren Geschichte, die wir mit großen Augen und Ohren aufnahmen, fügte er noch hinzu: That´s life....

 

Naja, auf solch eine Art Leben können wir gern verzichten, dachten wir uns nur...

 

 

Doch das war nicht alles, was wir Erstaunliches an diesem Abend zu hören bekamen. Der Deutsche wurde zu diesem Zeitpunkt bereits viermal bestohlen. Er meinte, das gehört hier in Brasilien dazu! Die Leute sind doch arm! Man kann es ihnen nicht verübeln! Doch als er berichtete, dass sein Dingi, im Wert von ca. 2.000,- € nicht mehr an der Stelle war, wo er es für nur eine Stunde festgemacht hatte, konnten wir seine Einstellung nicht mehr teilen. Neben dem Dingi wurde ihm Geld aus der Hosentasche, eine Digitalkamera, ja sogar die Wäsche von der Leine auf seinem Kat nebst Schuhen gestohlen. Nun schlief er, wenn er überhaupt mal schlief in der Nacht, mit der Machete in der Hand.

 

Während dieser Gespräche fuhr uns zwischenzeitlich plötzlich das Adrenalin in unsere Adern als eine 20 Meter hohe „Hauswand“ in nur fünf Meter Abstand neben der flow zum Stehen kam und festmachte und so für eine Woche lag! Wir hatten nun nach hinten nur einen Meter Platz und bis zur Hälfte ragte das große Passagierschiff über die flow.

 

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Wenn nun die Festmacherleinen, seien es unsere oder die vom Kat rissen, würden wir mit der Strömung auf den Bootsanleger gedrückt. Der Deutsche sah das alles sehr locker und meinte, er kenne den Steuermann des Passagierschiffes und die Gegebenheiten hier sehr gut. Wir hätten viel zu viel Angst um unser Schiff!

Nach diesem ersten beeindruckenden Abend waren wir sehr gewarnt. Marcus schlief draußen in der Plicht. An Schlafen aber war nicht zu denken, da die bösartigen kleinen, leisen, intelligenten Moskitos das Blut nur so aus unseren Körpern saugten. Am meisten mochten sie unsere Füße und unsere knackigen Waden...

 

Da uns unser Nachbar die Gewissheit vermittelte, dass wir neben ihm sehr sicher seien und es keinen besseren Liegeplatz in Belem gäbe – er ist schließlich seit drei Wochen hier – dachten wir nicht mehr an Weiterziehen und fanden uns mit diesem abenteuerlichen Liegeplatz ab. Der Preis dafür war ein Fender, der durch die ständigen Bewegungen der flow weg war, Kratzer an der Bordwand und immer wieder Stress mit dem Deutschen.

 

 

Am nächsten Morgen begleitete uns unser Nachbar durch die Stadt. Er meinte, wir sollten lieber nicht allein gehen. Dies bestärkte noch mehr unseren Eindruck einer kriminellen und nicht zu unterschätzenden Großstadt. Wir kamen uns wie zwei kleine unschuldige blöde Ossis in Brasilien vor. Beim erstbesten Kokosnusshändler gab er uns unsere erste Kokosnuss aus. Wir schlürften beim Spaziergang die kühle Flüssigkeit mit einem Strohhalm, der schon ziemlich benutzt aussah. Doch man soll ja an nichts Schlimmes denken und immer positiv durch die Welt wandeln. Was uns aber auffiel, waren die vielen leeren Kokosnüsse (ohne Strohhalm), die überall rumlagen. Na ja, was soll man auch machen, wenn man sie ausgetrunken hat und weit und breit kein Mülleimer ist. Einige Tage später sahen wir, wie man in Brasilien die benutzten Strohhalme recycelt. An einer Straßenecke steckten zwei Männer die eingedrückten Enden auf eine aus Styropor geformte Spitze, so dass sie wieder schööön rund aussahen. Kurz noch mal feucht drübergewischt und fertig war der neue Strohhalm. LECKER! Noch so ´ne Kokosnuss tranken wir nicht!!

Es war ein Sonntag als wir durch die Strassen zogen und der Spaziergang stimmte uns sehr nachdenklich. Als wir die Skyline der großen Stadt aus der Ferne sahen, dachten wir nicht an solche Bilder, die sich uns nun boten. Die Straßen waren menschenleer. Überall lag Müll herum. Selbst große Holzteile, die noch verbaut werden konnten, sah man auf den Straßen liegen. Es kam einem so vor, als ob man durch einen Straßenzug im Filmstudio Babelsberg läuft, wo sie vergessen hatten, die Requisiten wegzuräumen. Alles wirkte auf uns fast gespenstisch! An den Hauswänden wucherte der Schimmel. Der Putz platzte überall ab und die Farbe wich dem üblen Schimmelschwarz.

 

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Doch vor allem der Müll prägte das Stadtbild. Wir waren erschüttert. Der ständige Regen trübte unsere Stimmung und steigerte noch die Tristesse. Wir dachten beim Anblick der Skyline mit keinem klitzekleinsten Gedanken an solch ein trostloses Stadtbild, über dem zu allem Hohn noch schwarze Geier kreisten...

 

 

Den Nachmittag verbrachten wir im Regen an dem Platz, der uns am liebsten ist – an Bord der sich im Schwell einen Meter nach oben und unten bewegenden flow.

 

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Am nächsten Tag gingen wir gleich ins Internet, um ein kleines bisschen Wohlgefühl durch die netten Mails, die wir erhielten, zu spüren. Und so war es auch. Die lieben Nachrichten bauten uns wieder auf.

Auf unserem Weg zum Internet ging es ein Stück an einer Hauptstraße entlang. Es war völlig normal, dass Gehwegplatten fehlten. Die hübsch gekleideten Frauen wichen mit ihren Stöckelschuhen auf die Straße aus, da der Gehweg aufgrund es Regens eine Matschepampe war.

 

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Neben dem Internetcafé war ein sehr gepflegter Park angelegt. Man hatte einen Blick auf ein nettes altes Gebäude und im Hintergrund das Belem´sche Hilton-Hotel.

 

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Auf den zahlreichen Rückwegen vom Internet zum Hafen nahmen wir immer irgendeine andere kleine Straße. In jeder waren in der Woche fliegende Stände aufgebaut. In diesen wurden allerlei Sachen angeboten, wie z.B. Kokosnüsse, Handyreparaturen, Zuckerrohrsaft aus der Plastetüte mit Eis und Essen, das frisch zubereitet wurde usw.

Das hatte richtiges Flair. Dieses rege Treiben, das sich durch das ganze alte Stadtzentrum erstreckte, gefiel uns sehr.

 

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Wir müssen nochmals erwähnen, dass die Nächte die Hölle waren. Wir fanden nicht ausreichend Schlaf, da die Moskitos unermüdliche Arbeit leisteten und wir dagegen machtlos waren. Sie fanden jedes noch so kleinste Loch in den Moskitonetzen und bearbeiteten uns. Selbst Autan half nicht mehr...

Uns graute immer vor den Nächten. Lieber hätten wir die Nächte auf See verbracht, denn da fanden wir mehr Schlaf! Dennoch rappelten wir uns jeden Morgen auf und entdeckten immer ein anderes Gesicht der Stadt Belem.

 

Meist tuckerten früh am Morgen die vollbesetzten Fischerboote raus zum Fischen auf den Rio Para. Sie waren aus einem Kilometer Entfernung zu hören und auch zu sehen. Die schwarzen Abgaswolken waren ein Markenzeichen...

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An einem Tag schlenderten wir in Richtung Fischerhafen und sahen durch die Fenster eines Gebäudes eine Ausstellung. Zum Glück sind wir rein und haben sehr schöne Bilder der im Amazonasdelta lebenden Indios gesehen.

 

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Auch ihre Arbeiten (Töpfe, gewebte Kleider) wurden ausgestellt und zum Kauf angeboten. Diese Ausstellung war für uns der schönste Höhepunkt, den wir in Belem erlebt haben und wir denken sehr gern an diese gut arrangierte Ausstellung zurück. Sie weckte unsere Neugier, mehr über die Indios zu erfahren.

 

 

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Dann ging es weiter in den Hafen, wo die Fischerboote in den Leinen hingen. Es war gerade Ebbe. Die Fischer lümmelten auf ihren Booten rum, die sie anscheinend auch bewohnten. Den Geiern konnten wir zuschauern, wie sie die letzen Fleischreste von den überall herumliegenden Fischskeletten abnagten.

 

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Auf der anderen Seite des Fischereihafens hatte man einen schönen Blick auf die blaue Fischhalle. Ein hübsches Gebäude, das die besten Tage bereits erlebt hatte.

 

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Es wurde allgemein wenig Wert auf die Erhaltung der Gebäude gelegt. Nur wenige waren in einem gepflegten Zustand. Dies waren meist staatliche bzw. öffentliche Gebäude wie Museen oder Banken. Aber auch Gebäude, wo sich Touristen aufhielten, waren nett anzuschauen (Restaurants und Bars). Auf unseren Streifzügen wagten wir uns auch in die Fischhalle. Vielleicht waren wir maximal fünf Minuten drin, denn der Gestank war nicht von schlechten Eltern. In solchen Augenblicken dachten wir daran, dass uns ein gewisses dickes Fell wohl noch fehlt. Aber wozu sich ändern, wenn man ein Schiff hat, das einen an Orte bringen kann, die weitaus schöner sind...

 

Selbst die Kirchen waren in einem baufälligen Zustand und wegen Renovierungsarbeiten seit laaangem geschlossen.

 

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Leider bleiben nur wenige schöne Erinnerungen zurück. Die zahlreichen Geier, die über Stadt kreisten und sich von dem unendlichen Müll ernähren, runden unseren getrübten Eindruck ab.

 

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Bevor wir von unserer schnellen Abreise aus Belem berichten, möchten wir noch ein paar erlebte Episoden ohne jegliche zeitliche Einordnung erzählen, die auch nachhaltig unser Bild von Belem geprägt haben:

 

 

1. Stress mit den Sicherheitsleuten

 

Bei dem Deutschen waren jeden Tag andere Einheimische an Bord. Es gab permanent Stress und unüberlegte sehr spontane Aktionen. So wurden z.B. unsere beiden Schiffe in der einen Nacht 20 Meter nach vorn verholt. Wir waren nun in einem bewachten Gelände, wo viele Restaurant etabliert waren. Dafür wurden ehemalige Docks umgebaut. Die Gäste fuhren mit ihren Autos vor und nahmen ihren Martini bei musikalischer Begleitung einer Band, die über ihnen schwebte, ein. Also sehr vornehm für die Verhältnisse in Belem.

 

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Als mal wieder andere Einheimische zu dem Deutschen an Bord kamen, diesmal auch eine stark geschminkte Frau, brachte uns das Ärger mit den Sicherheitsleuten der Docks ein. Wir mussten am gleichen Abend die beiden Schiffe wieder außerhalb der Dockgeländes verholen. Dabei sahen uns die Sicherheitsleute so herablassend zu, machten keinen Finger krumm und standen die ganze Zeit da. Als wir an dem alten Liegeplatz wieder ankamen, hörten wir die Worte „Vagabundes“ von der örtlichen Polizei. An diesem Abend fühlten wir uns hier in Belem sehr, sehr unerwünscht.

 

 

2. Begegnung mit einem „zivilisierten Indio“ und mit menschlicher Diskriminierung

 

Ein weiteres Ereignis, was die gehobene Gesellschaft der Docks untermalt, war folgende Begebenheit:

Wir lernten einen sehr netten einheimischen Mann kennen. Er sprach sehr viel und schaute uns dabei mit seinen braunen Indioaugen in unsere Augen. Er berichtete von den Lebensbedingungen der Indios. Das holprige Spanisch von Marcus und die Gesten des Mannes reichten aus, um uns unsere eigene Welt der Indios aufzubauen. Am gleichen Abend saßen wir - das einzige Mal - in einem dieser Restaurants und bestellten gerade etwas zu trinken, weil wir noch ca. eine Stunde warten mussten, um wieder auf´s Schiff zu kommen. Es war gerade Ebbe. In diesem Augenblick kam der Indio an unseren Tisch und wollte uns etwas schenken. Sogleich wehrte der Kellner den Mann vehement ab. Selbst als wir sagten, er gehört zu uns und das es für uns OK sei, gab es Probleme. Der Oberkellner kam noch hinzu. Diese Situation war uns nun echt zu blöd und wir standen auf und gingen. Unser „Weiße-Haut-Bonus“ veranlasste den Kellner, uns brav zu folgen, um alles richtig zu stellen. Wir konnten es einfach nicht glauben! Noch nie zuvor hatten wir Diskriminierung so nah erlebt und wir fühlten eine tiefe Ungerechtigkeit.

 

 

3. Der Diebstahl unserer geliebten LUMIX und der Klau des Laptops vom Deutschen

 

An einem Abend lagen wir beide vorn in der Koje, da uns der Deutsche die Sicherheit gab, das alles gut sei. Er wollte wach bleiben, so wie jeden Abend und außerdem war gerade Ebbe, so dass es ca. zwei Meter vom Kai bis zum Deck des Kats waren. Wir hatten einen zusätzlichen Schutz gegen den Regen aufgebaut und doch hat dies alles nicht verhindert, dass am nächsten Morgen unsere geliebte LUMIX-Kamera weg war. Wir hatten nichts bemerkt. Der Dieb ist auf das Deck des Deutschen und dann schnell zu uns und hat die dummerweise offensichtlich auf dem Navitisch liegende Kamera mitgenommen. Zum Glück hatten wir am Abend den Laptop noch in die Tasche gesteckt, sonst wäre er auch weg. Ja, das sind Geschichten, die wir zu erzählen haben, doch es gibt viel Schlimmeres zu berichten. Da ist der Diebstahl einer Kamera ein Klacks...

 

Es tut uns leid, dass ihr von uns mehr über Schauergeschichten als über nette Seiten der Stadt erfahrt. Aber es ist alles passiert! Zum Deutschen ist noch folgendes zu erwähnen. Es war ein Abend nach unserem Kameradiebstahl. Dem armen Kerl haben sie sein liebstes Spielzeug gestohlen – seinen Laptop. Marcus schlief nun wieder in der Plicht und bekam folgendes Spektakel mit. Der Deutsche nahm verschiedene Leute wieder mit an Bord. Darunter (es war vielleicht zwei Uhr in der Nacht) war auch eine Brasilianerin. Sie inspizierte sein Schiff innen und ging mit ihm raus auf die Seite, wo die flow lag. Sie sah Marcus zum Glück da liegen und fragte den Deutschen wer „die“ sind. Dann redete sie wie ein Wasserfall, lockte ihn auf sein Vorschiff und ging von Bord. Als der Deutsche seinen Salon betrat, war sein Computer weg. Selbst Marcus hat nicht gehört, wie die anderen Komplizen an Bord des Deutschen sind.

 

 

4. Unser Aufbruch und die schreckliche Geschichte von Holländern

 

Wir wollten so schnell wie möglich hier weg. Doch hielten uns zwei Dinge noch fest. Die Wäsche, die wir jemandem mitgaben und die Ausklarierung musste noch erledigt werden. Das alles war am Nachmittag fertig und wir warfen die nun schwergewordenen Leinen los und flüchteten in den Fluß Guana, um dort eine Nacht vor Anker zu verbringen. Es war solch ein Gefühl der Erleichterung, was man nur spürt, wenn dicke schwere Fesseln von einem abfallen und man sich wieder in Freiheit wähnt. Doch hatten wir auch Gewissensbisse, weil wir den Deutschen mit seinem Leid im Stich ließen. Die Laptopgeschichte ereignete sich nämlich in der Nacht zuvor und erst am Nachmittag, kurz vor unsere Abreise kam er wieder auf die Beine. War es richtig oder falsch abzulegen?

 

Fakt ist, dass wir uns um uns und unser zu Hause viele Sorgen machten! Wir fühlten uns solchen abenteuerlichen Bedingungen nicht gewachsen! Und wir wollten unsere Reise mit allen Gegenständen, die an Bord waren, fortsetzen. Dem Deutschen zu helfen, der mittlerweile Gegenstände von Bord verkaufte, um sich Essen kaufen zu können, wäre eine lange Baustelle gewesen, der wir uns nicht gewachsen fühlten...

Wie gesagt, wir flohen in den Fluß Guana. Es ist ein Nebenarm des Rio Para und war nur sechs Meilen von unserem altem Liegeplatz entfernt. Hätten wir allerdings vorher gewusst, was Holländern passiert war, die wir später in French Guyana trafen, hätten wir wahrscheinlich nicht eine einzige Nachte in diesem Fluss geankert.

 

Folgendes hatte sich bei den Holländern einige Zeit vor unserem Eintreffen in Belem zugetragen: Sie erreichten in der Nacht Belem. Die Strömung kippte um, so dass ein Weiterkommen nur mit großem Kraftaufwand möglich war. Sie entschieden sich, in der Nähe der Altstadt, wo wir am Kai lagen, zu ankern. Sie schliefen vorn in der Koje und plötzlich hatte jeder zwei Pistolen am Kopf. Sie mussten alles Geld und die Telefone den Einbrechern geben. Selbst nach zwei Monaten steckt der Schreck noch tief und jedes Geräusch weckt in ihnen die Erinnerung des Überfalls in Belem.

Wir können Euch sagen, dass wir sehr froh sind, solch eine Erfahrung nicht gemacht zu haben. Wie bereits am Anfang geschrieben – wir hatten viel Glück!!! Auch die nächsten zwei Wochen, die wir uns noch im Rio Para aufhielten, verlebten wir ohne solche ernsten Zwischenfälle.

25. Januar 2008 – 26. Januar 2008 – Ankerplatz in der Nähe der Insel Cotejuba

Früh am Morgen lichteten wir den Anker. Das war Annes Initiative, obwohl sie doch gerne lange und viel schläft. Es war aber eine sehr gute Entscheidung, da wir mit der Strömung zu unserem Ziel düsten. Die Sonne ging gerade auf.

 

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Wir fuhren ein Stück den Rio Para entlang, um dann in einen kleine Nebenfluss abzubiegen - eine Abkürzung sozusagen. Wir dachten uns noch so: „Hoffentlich stimmen die Angaben bezüglich der Wassertiefen in den Seekarten“ und da kam ein Polizeiboot von hinten auf und überholte uns. Dem folgten wir einfach so gut wir konnten. Wir passierten regenwaldbewachsene Ufer, wo wir Hütten auf Stelzen mit dem Fernglas erspähten.

 

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Als wir die schmale Passage hinter uns ließen und eine Sandbank umschifften, setzten wir Segel und wollten schon links abbiegen und an das 15 Meilen entfernte andere Flussufer des Rio Para segeln. Der Segelspaß hielt allerdings nicht lange an, da wir diesen weißen Fleck rechts von uns erspähten. Wir wollten es nicht glauben, aber als wir immer näher kamen, war es wirklich weißer Sandstrand. Kurzentschlossen ließen wir hier unseren Anker fallen.

 

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Nach einem Schläfchen machten wir endlich mal wieder (seit den Kap Verden) das Dingi klar und motorten rüber zum Sandstrand. Nein, erst mal ging es ein Stück die Küste entlang, wo uns üppiges Grün überwältigte.

 

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Wir konnten es nicht glauben, es kamen in uns Karibikträume auf, als wir die flow aus dieser Perspektive sahen. Nun fehlte nur noch das Blauwasser....

 

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Wir nutzen den Sonnenschein und spazierten am weißen Sandstrand entlang. Eine Wohltat, nach den ganzen Erlebnissen in Belem, doch noch solch einen wundervollen Ort zu finden...

 

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Da wir Brasilien in der Regenzeit erreicht haben, waren sämtliche Bars am Strand geschlossen. Manchmal fragte man sich auch, ob die überhaupt jemals öffnen können, wenn man sich den Bauzustand der Häuser ansah.

 

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In einer Bar tummelten sich allerdings Leute und sogleich war auch laute Musik zur Unterhaltung, oder vielleicht zur Aufmunterung der Gäste, am Laufen.

 

Die Musik war wirklich immer und überall und vor allem LAUT zu hören. Es waren keine brasilianischen Sambarhythmen. Nein, es war schlecht zusammengemixte Bass-Discomucke...

Wir haben später verstanden, warum die Musik für die Leute so wichtig ist. Denn auch für uns wurde sie zur Lebensgrundlage, um halbwegs gute Laune zu behalten. Der ständige Regen machte einem das Leben nicht gerade einfach. Aber bei etwas Musik ließ es sich im Schiff auch tagelang aushalten...

 

Wie so oft gegen Nachmittag, fing es auch während unseres Strandspazierganges an zu regnen. Diesen Schauer nutzen wir für eine gründliche Dusche mit Süßwasser und spielten im Regen am Strand so ein Spiel mit Holzschlägern und ´nem Gummiball. Die Brasilianer ließen sich nicht vom Regen stören und badeten weiter im Fluß oder bastelten an ihren Strandbars rum...

 

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Nach einer durchregneten Nacht, ging es wieder früh am Morgen weiter zu unserem nächsten Zwischenstopp auf dem Weg nach Soure. Es schien die Sonne und ein leichtes Lüftchen wehte uns unter Segeln nach Norden....

 

 

FORTSETZUNG FOLGT....