11°10,7´ N / 60°44,2´ W

vor Anker im Hafen von Scarborough in Tobago (KARIBIK)

18. April 2008

 

 

Liebe Freunde der flow-Crew,

 

in diesem zehnten Reisebericht berichten von einem weiteren wunderbaren Ankerplatz im Rio Para. Hier verbrachten wir sogar mehrere Tage, unternahmen eine Flußfahrt mit dem Dingi und entdeckten drei völlig unterschiedliche Strandabschnitte, die nur wenige hundert Meter auseinander lagen. Außerdem erfahrt Ihr etwas über die Stadt Soure und den Karneval, den wir dort erlebten. „Karneval in Soure – ein amüsantes Erlebnis..“

 

 

26. Januar 2008 – 28. Januar 2008 – Ankerplatz in der Nähe der Stadt Monsaras

Nach einer durchregneten Nacht vor Anker in der Nähe der Insel Cotejuba ging es wieder früh am Morgen weiter zu unserem nächsten Zwischenstopp auf dem Weg nach Soure. Die Sonne schien und ein leichtes Lüftchen wehte uns unter Segeln nach Norden.

 

 

Mit Hilfe der Strömung machten wir gut Fahrt. Plötzlich verdunkelte sich der Himmel und Regenwolken zogen über uns hinweg. Die Zugrichtung der Wolken beobachteten wir ganz genau, weil sich vor uns eine Windhose aus der Wolkendecke löste, die sogar bis zur Wasseroberfläche reichte und dort gewaltig Wasser aufpeitschte. Mit dem Fernglas war dieses angsteinflössende Naturschauspiel noch beeindruckender anzuschauen. Die Windhose blieb zum Glück die ganze Zeit in weiter Entfernung und nach fünf Minuten war sie wieder verschwunden.

 

 

Zum Ankerplatz leisteten wir uns ein Rennen mit einem vollbesetzten kleinen Fischerboot. Wir unter Segeln und die Fischer unter Vollgas mit kleinem Stützsegel. Wie das Rennen ausging? Die Fischer bekamen es mit der Angst zu tun als sie die schäumende Bugwelle der flow von hinten aufkommen sahen und drehten ab - für uns eine klare Aufgabe des Rennens!! Doch zum Abschied winkten wir uns freundlich zu.

 

 

Wir suchten uns ein Stückchen Strand aus, vor dem wir gut ankern und mit dem Dingi anlanden könnten. Langsam näherten wir uns unter Segeln dem Land. Es waren vielleicht noch 800 Meter bis zum Strand. Und plötzlich sank die Tiefe schlagartig von fünf auf drei auf zwei Meter und rumms!! Da saßen wir auch schon auf! Im vollen Segeleifer wollte Marcus unter Segeln auch wieder freikommen (so wie er es auf der Havel mit einem viel kleinerem Boot schon praktiziert hatte). Doch als dann noch einmal ein kräftiger Ruck durchs Rigg fuhr, starteten wir schnell den Motor und unter VOLLGAS kamen wir wieder frei. Ohlala, da schwebte ein Schutzengel über uns! Denn erst später bemerkten wir, dass die Strömung uns in eine Flussmündung, die voller Ablagerungen war, gedrückt hätte. Hinzu kam noch, dass gerade Ebbe wurde. Die Wassertiefe wurde demzufolge immer weniger und zwar ziemlich schnell. Wären wir da nicht gleich freigekommen, hätte es für uns und die flow sehr schlecht ausgesehen.

 

Neben diesem Ereignis und dem dicken Baumstamm, den wir unter Segeln auf dem Weg zum Ankerplatz rammten (nichts passiert, es rumpelte nur gewaltig am Rumpf), mussten wir einsehen, dass man für Flussfahrten ein anderes Schiff nehmen sollte. Wir stellten uns eins vor, das Trockenfallen kann (zwei seitliche Kiele), das den Zusammenstoß mit einem Baumstamm ohne weiteres verkraftet (Stahlschiff) und das einen starken, neuen, zuverlässigen Motor hat, um auch bei vier Knoten Gegenströmung noch vorwärts zu kommen. Das waren so die Anfänge, bei denen wir an unserem Plan, den Amazonas zu bereisen, zweifelten.

 

Diesen Schreck mit dem Aufsetzer ließen wir hinter uns und waren sehr dankbar über unserem Schutzengel. Wir glauben, darauf gab es einen Teller Nudeln!? Das Landfieber packte uns jedoch schnell. Vor uns lag ein mit Mangrovenbäumen gesäumter Strand, den wir ganz alleine entdecken konnten. Also rein in unser Dingi und rübermotort. Upps, was war das! Wir sahen einen großer Strudel neben dem Dingi und noch einen. Und plötzlich auch noch eine Rückenflosse! Wat it dat denn? Das müssen sehr große Fische sein! Kippen die uns um? Sind das etwa Delfine? Ja, das müssen welche sein, denn das „Gesicht“ sieht ganz danach aus. Und so war es auch – es waren Flussdelphine, die mit uns spielten. Da das Braunwasser nur eine Sichttiefe von ca. fünf Zentimeter hat, ist es schon ein kleines Abenteuer mit einem Boot, das kleiner als die Delphine ist, an Land zu fahren, wenn es neben einem im Wasser brodelt.

Den Blick richteten wir während dieser Überfahrt immer voraus, denn man sah schon einen vielversprechenden und zugleich aufregenden Küstenstreifen mit bizarren Wurzelformen der Mangroven. Man hatte den Eindruck, dass die großen Bäume auf ganz vielen kleinen einzelnen Wurzelchen stehen. Dieser Anblick und auch den breiten Sandstrand konnten wir für ca. sechs Stunden genießen, dann kam die Flut. Diese verschluckte das Wasser und den Strand samt Wurzelwerk. Das kommt daher, dass der Höhenunterschied hier im Rio Para bis zu drei Meter beträgt.

 

 

Als wir ankamen, standen wir in einem kleinen Regenwaldparadies und waren überglücklich, da uns auch noch die Sonne verwöhnte. Anne bekam einen Fotoflash und Marcus stand nur staunend in der Gegend rum. Es war beieindruckend, die unberührte verspielte Natur so hautnah zu erleben. Hinter uns der Regenwald mit den wilden Tiergeräuschen und wir auf einem weißen Sandstrand, der von Mangroven gesäumt war.

 

 

 

 

Nach einem ausgiebigen Strandspaziergang wurden wir immer mutiger und trauten uns, mit dem Dingi ein Stück in den Fluss zu fahren, auf dessen Ausläufer wir mit der flow aufsetzten. In der schmalen Einfahrt hatten wir enorme Gegenströmung. Das war eine große Herausforderung für unseren 2,3 PS starken Außenbordmotor. Doch nach der schmalen Einfahrt motorten wir souverän ein Stück flussauf.

 

 

An den Ufern standen Palmen und dazwischen wucherten in riesigen Dimensionen Pflanzen, die wir bei uns nur als Zimmerpflanzen kennen. Zurück ließen wir uns dann mit der Strömung treiben. Wie mit ´nem Schlauchboot auf der Elbe.

 

 

Mit uns trieben auch allerhand exotische Dinge in Richtung Rio Para.

 

 

Es war bereits Nachmittag und die Sonne lachte uns noch immer ins Gesicht, was seit Beginn unseres Aufenthaltes in Brasilien noch nie der Fall war. Dies gab uns den Anreiz, noch einen anderen Teil des menschenleeren Strandes zu erkunden. Das mussten wir mit dem Dingi tun, da Mangroven einen längeren Strandspaziergang verhinderten. Auf dem Weg dahin begleiteten uns wieder Flussdelfine. Das Stückchen Strand, das wir nun mit dem Dingi erreichten, sah völlig anders aus als der Strand bei unserem ersten Landungsmanöver. Hier lagen überall umgekippte Bäume. Ihre Wurzelformen waren ein Kunstwerk für sich.

 

Wir sahen auch einen Baum, der aus ganz vielen einzelnen Bäumen zu einem Ganzen verflochten war. Wie die Natur das geschafft hatte?

 

 

Ja, und dann fanden wir auch unsere erste Kokosnuss. Da wir uns das Öffnen sehr schwierig vorstellten und auch nicht so recht wussten, wie man es anstellt, blieb sie für die Einheimischen am Strand liegen (erst in French Guyana haben wir erfahren, wie man sie öffnet).

 



Es gab soviel zu entdecken, wobei wir von vielen Dingen gar nicht wussten, worum es sich genau dabei handelt. Riesengroße Früchte hingen an den Bäumen. Am Strand lagen zahllose unterschiedlich geformte Hülsenfrüchte und Samen herum. Es war ein Genuss für das Auge und die Sinne...

 

 

Das war ein wundervoller erlebnisreicher Tag - sogar mit Sonnenbrand. Der Sonnenuntergang war recht vielversprechend. Nur ein paar Wolkenfetzen waren am Himmel zu sehen. Nichts Ernstes war am Horizont zu erkennen.

 



Doch die Nacht hatte es in sich! Es zogen Regenwolken mit Schauerböen auf. Zusätzlich kam die Strömung aller sechs Stunden aus einer anderen Richtung. Diese zwei Komponenten verursachten, dass wir oftmals quer zu den Wellen lagen und es sehr ungemütlich in unserer flow wurde. Die Bewegungen waren so heftig, dass Anne in der Vorderkoje seekrank wurde.

 

Also hieß es, schnell mit der Strömung am Morgen zu starten. Nicht einmal eine Meile hatten wir an der Küste zurückgelegt, als sich voraus eine massive pechschwarze Wolkenfront aufbaute.

 

 

Wir ließen den Anker wieder fallen und ertrugen im Schiff einen ganzen Tag lang den Regen, der natürlich auch die ´geliebten´ Böen mit sich brachte. Die flow schaukelte wieder in alle Richtungen – Rauf, runter, rechts, links vorwärts und rückwärts. Zum Glück wird der flow dabei nicht schlecht. Anne nahm eine Tablette gegen Seekrankheit, welche ihr einen friedlichen Tagesschlaf einbrachte. Naja, das war eben der Preis für einen sonnigen Tag am Strand...

 

Wir blieben den ganzen Tag auf der flow. Manchmal hörten wir Musik (so laut wie die Brasilianer) oder dösten vor uns hin mit einem Buch in der Hand. Das Essen wird an solchen Tagen plötzlich ganz wichtig. Man freut sich schon wieder auf den nächsten Höhepunkt: z.B. Kaffee mit Plätzchen gegen 15:34 Uhr Ortszeit...

Na jedenfalls war der Landgang bei strömendem Regen gestrichen. Marcus schaute aufgrund des Regens immer mal in die Bilge, um zu sehen, ob alles dicht ist. Doch oh Schreck! Da stand wieder Wasser drin, obwohl er gestern alles entleert hatte. Da begann die Sucherei! Es dauerte auch nicht lange, da fand er den Fehler. Es war der Ruderkoker, den wir zusammen mit Martin vor zwei Monaten in La Palma (Kanarische Insel) montiert hatten. Marcus hatte in Belem die Schrauben am Koker etwas nachgezogen, damit dieser besser die Ruderwelle abdichtet. Dieser Kraft hielt wohl die Epoxi-Verbindung (Supersonderspezialkleber, der laut Hersteller hundertprozentig haften soll l!!!) zwischen Ruderkoker und Ruderschaft nicht stand. Sie löste sich und es drang Wasser ein.

Ja, Reparaturen müssen auch mal sein. Zum Glück standen bisher keine großen und ernsten Reparaturen an, die ein Weiterkommen verhindert hätten. Darüber sind wir sehr, sehr froh und hoffen auch, dass es so weiter geht. Drückt uns doch bitte die Daumen dafür?! Natürlich sind Reparaturen weniger erfreulich, wenn sie bei 30°C und einer Luftfeuchte von 85% ausgeführt werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt regnete es in Strömen und die flow sprang auf und ab. Wenn dann der Arbeitsplatz gerade mal 50 cm hoch ist und man nur kriechend zur ´Unfallstelle´ gelangt, macht der Segelsport doppelt soviel Spaß!!!!

 

Aber auch diese Reparatur wurde bis in die Nachtstunden erledigt und danach war alles dicht!!! Das ist die Hauptsache.

 

Am Morgen danach wollten wir unseren Augen nicht trauen. SONNE, mit ein paar kleinen Wolken dazwischen! Da wir eh bis Nachmittag auf die Ebbe, die uns mit nach Norden trägt, warten mussten, nutzten wir die Zeit, um einen neuen Küstenstreifen zu entdecken. Von der flow aus sah man bereits eine Seebrücke...

 

 

 

 

Wenn das Wasser nur nicht so unverschämt braun wäre, könnte man sich hier glatt wie in der Karibik fühlen (so oder ähnlich muss es wohl dort sein). Es war einfach wunderbar, die Füße auf strahlend weißen Sand zu setzen. Das musste aber schnell geschehen, denn die Flut nahm in nur wenigen Minuten die von uns soeben eroberte Sandbank ein...

 

 

 

 

Das ließen wir nicht auf uns sitzen und sogleich ging es auf die Seebrücke, denn die stand baumstark im Wasser. Wir müssen es noch einmal betonen: es war SONNE nach sooooo viel brasilianischem Regen....

 

   

 

Wir fühlten uns weiß Gott nicht wie in Brasilien. Es war so eine besondere Atmosphäre auf den Holzbrettern über dem Rio Para bis ganz ans Ende der Seebrücke zu „wandeln“ und dann seinen Blick schweifen zu lassen...

 

 

Als wir uns sattgesehen hatten, wanderten wir den Strand entlang. Anne hatte mit ihrem Fotoflash zu tun und mit dem ständigen Wechseln der zwei Akkus in der Kamera. Aber die Bilder, die sie machte, können sich sehen lassen... wieder so viele wundersame „Objekte“.

 

 

 

 

Am Nachmittag ging es dann endlich weiter nach Soure. Die Strömung und der Wind meinten es nicht gut mit uns. Wir mussten die ganze Zeit gegen 20 Knoten Wind motoren. Segeln konnten wir nicht, weil wir noch bei Tageslicht ankommen wollten. Hinzu kam, dass laut Theorie (Tabellen, Seekarten) die Strömung eigentlich mit uns sein sollte, doch davon merkten wir sehr wenig. Und so verlängerten sich die veranschlagten zwei Stunden auf drei.

 

Während der Fahrt mussten wir immer auf Netze, die die Fischer mitten im Fluß auslegten, aufpassen. Es ist schon unglaublich, wie die Männer auf solchen kleinen wackeligen Holzbooten Halt finden, wenn sie die schweren Netze einholen.

 

 

Da wir nun drei Stunden unterwegs waren, schafften wir es leider nicht ganz bis nach Soure und deshalb legten wir uns vor die Einfahrt des Flusses Paracauari. Ungefähr fünf Meilen flussaufwärts liegt die kleine Stadt Soure. Der Anker fiel kurz vorm Sonnenuntergang.

 

 

Die Nacht war mal wieder nicht so erholsam, da der Wind drehte und sehr hohe Wellen auf uns losschickte, so dass wir Angst hatten, dass die Halterung für die Ankerkette aus dem Deck reißt. Es war, als ob man gegen Wellen motoren würde. So sehr bewegte sich der Bug der flow auf und ab. Ja, und der Höhepunkt der Nacht war, als sie sich quer zu den Wellen legte und alles von rechts nach links kugelte – auch wir...

 

Diese Erlebnisse, die Moskitos, der Regen, das schlammige braune Wasser, in dem man nicht baden kann, unser Tiefgang, ein zu schwacher Motor sowie das gefährliche Treibgut bewegten uns dazu, doch nicht in den Amazonas zu fahren. Es gab für uns mehr negative Aspekte als positive. Es ist natürlich schade, dass man, wenn man schon mal „in der Ecke ist“, nicht auf eigenem Kiel den Amazonas bereist. Aber wir wollten ja auch noch andere Länder mit der flow besuchen. Ferner hätte man weit in den Amazonas hinein fahren müssen, um mal beide Ufer zu sehen. Für diese Entscheidung brauchten wir aber viel Zeit.

 

Doch zurück zum Ankerplatz vor Soure. Natürlich haben wir auch diese Nacht überstanden und am Morgen ging es mit dem Dingi wieder einmal zu einem breiten menschenleeren Sandstrand hinüber. Wären wir gestern schon nach Soure hineingefahren, hätten wir diesen bleibenden Anblick verpasst.

 

 

Das Faszinierende ist, dass man diesen tollen, großen, langen und sauberen Strand nur für sechs Stunden betreten kann. Danach überspült die anrollende Flut Stück für Stück jedes einzelne Sandkorn. Doch gerade herrschte Ebbe und wir hatten den Strand ganz für uns. Kein Tourist und keine Einheimischen waren zu sehen! Noch am gestrigen am Abend stand das Wasser bis zu den Bäumen und wir hatten mit der flow soooviel Platz bis zum Ufer. Als wir aufwachten, waren wir vielleicht nur noch 100 Meter vom Strand entfernt. Wie gut, dass wir am Abend genau auf die Ankertiefe geachtet hatten.

 

 

Nun spazierten wir am weißen Sandstrand entlang. Uns fielen ein Haus und vor allem der mächtige Mangrovenwald auf. Da wollten wir hin, das mussten wir sehen. Oh, Oh, da kam plötzlich ein Horde von Hunden kläffend auf uns zu. Mit viel Mühe versteckten wir unsere Angst, vor allem Marcus, der mit Hunden nun gar nichts am Hut hat und bogen schnell ab.

 

 

Also brachen wir diese Aktion ab und begnügten uns, mit dem Dingi an den Mangroven entlang zu fahren.

 

Es war wie eine Art „Friedhof der Mangroven“. Überall lagen die umgestürzten Ungetüme im Wasser. Jeder Baum hatte eine andere Wurzelform. Der Wald sah märchenhaft und wie verwunschen aus und nahm einen kilometerweiten Küstenstreifen ein.

 

 

Auch die Flussdelfine waren wieder unsere Begleiter. Diesmal hatten wir soviel Mut an sie heranzufahren, um Fotos zu schießen. Leider klappte dies nicht. Sie waren zu schnell. Aber auf der Internetseite gibt es unter den News einen Link, der die Flussdelfine bei Wikipedia gut beschreibt (übrigens haben wir auch erst auf diesem Wege erfahren, was wir da im Rio Para gesehen haben).

 

Nachdem das Dingi auf der flow wieder verstaut war, ging es auch schon hinein in den Fluß Paracauari in Richtung Soure. Wir passierten den Leuchtturm und fuhren an Wiesen vorbei, auf denen Wasserbüffel weideten.

 

 

 

Die Seefrau genoss in ihrem Sonntagsoutfit die Sonne und die vielversprechende Gegend, die an uns vorbeizog. Unser Blick suchte immer eine Möglichkeit zum Ankern. Die Seekarten für diesen Teil des Flusses waren nicht zu gebrauchen, so dass wir uns sehr langsam vorwärts bewegten. Abenteuer!!!

 

 

Nach fünf Seemeilen Flussfahrt tat sich plötzlich eine kleine Bucht vor uns auf, wo zahlreiche Fischerboote ankerten. Das Problem war jedoch, dass es immer noch 30 Meter tief war. Also fuhren wir immer näher in die Bucht. Wir benötigten dann zwei Ankermanöver, bis der Abstand zu den umliegenden Booten und zum Land und vor allem die Ankertiefe passten.

 



Die Ankertiefe war sehr entscheidend, da man auch hier mit drei Metern Tidenhub zu rechnen hatte. Dies beachtete ein brasilianischer Zweimaster nicht. Für ca. zehn Stunden lag er im Schlamm auf der Seite. Um Mitternacht kam er wieder frei.

 

 

Auch hier packte uns schnell das Landfieber. Mit dem Dingi paddelten wir an Land. Wir legten an einem wackeligen Steg an. Hier kamen auch im Minutentakt Wassertaxis vorbei. Sie waren die Verbindung zum anderen Ufer. Aus den Wassertaxis kamen Fahrräder, große Kisten und selbst Motorräder zum Vorschein.

 



Vorerst entdeckte jeder für sich ein Stück Soure, da immer einer von uns auf das Dingi aufpasste. Wir hatten noch keine geeignete Möglichkeit gefunden, das Dingi sicher fest zuschließen. Als Anne unterwegs war, zeigten sich ein paar Männer von ihrer besten Seite. Anne brauchte gar nichts weiter zu machen. Mit brasilianischen Frauen hatte Marcus da weniger Glück.

 

 

 

Die nächsten Tage erkundeten wir die Stadt Soure zusammen. Das Dingi schlossen wir abenteuerlich mit Fahrradschlössern an. Die vielen kleinen Strassen, die zum Teil menschenleer waren, faszinierten uns. Es war der komplette Gegensatz zu Belem. Und wir fühlten uns gleich viel sicherer. Meist teilte eine Allee die Strasse in zwei Hälften. Was uns auch positiv auffiel, waren die sauberen Strassen.

 

 

 

Nur ganz selten sah man alte verlassene Häuser. Fast alle Häuser sahen gepflegt aus. Es gab kein einziges Hochhaus und viel Grün ringsum.

 

Bei unseren Streifzügen kamen wir auch an dem Haus vorbei, in welchem die Vorbereitungen für den Karneval getroffen wurden. Drei Frauen und ein paar Jugendliche bastelten die Pappfiguren, die am Straßenrand stehen sollten. Ein Torbogen in der Stadt kündigte schon das bevorstehende Ereignis an. Wenn man um den Torbogen einen Kreis von ca. einem Kilometer gezogen hätte, wäre das ganze Treiben und Leben der Stadt erfasst. Die Wege waren hier also sehr übersichtlich. Es gab eine 500 Meter lange Geschäftsstrasse, eine Bank und das Hafenviertel mit lauter Kneipen.

 



Weiter ins Landesinnere sind wir nicht vorgedrungen, weil wir Angst um die flow hatten. Uns genügte die Zeit in Soure. Wir hatten noch einige Arbeiten an der flow zu erledigen, bevor es weiter nach French Guyana gehen sollte. Außerdem verbrachten wir auch viel Zeit in dem kleinen Internetcafé an der Ecke, wo einem schon früh- morgens die Moskitos in die Beine stachen.

 

 

Bei unseren Streifzügen begegneten wir sehr oft Wasserbüffeln. Entweder lagen sie faul am Straßenrand oder  wurden vor einen Wagen gespannt und mit Peitschenhieben zum Laufen gebracht.

 

 

 

Allgemein kann man feststellen, dass die Uhren hier gaanz langsam tickten. Als wir Geld von einer Bank mit unserer VISA-Card abheben wollten, gab es Probleme. Obwohl die Bank bereits geschlossen hatte, sah eine Bankangestellte unsere verzweifelten Blicke und kam uns zur Hilfe. In Spanisch erklärte sie, dass der Geldautomat keine VISA-, EC-, Master- oder sonst eine Card akzeptiert. Wir erklärten ihr, dass wir Geld brauchten, um etwas zu Essen zu kaufen. Sie bekam Mitleid mit uns und gab uns zehn Real und versprach obendrein, dass wir morgen bei ihr Geld mit der VISA-Card erhalten. Und so war es auch. Uns erwartete eine Menschenmasse in der Bank. Wir verstanden nicht ganz, weshalb sie alle persönlich Geld abheben mussten. Es gab doch die Automaten. Das Gleiche spielte sich auch auf den Kapverden ab. Doch innerhalb von 30 Minuten war alles über die Bühne, dank der freundlichen Mitarbeiterin.

 

 

Sieben Tage blieben wir in Soure - bis zum Karneval Anfang Februar. Es war zwar nur ein ´Provinzkarneval´, aber immerhin ein brasilianischer...

 

Schon vor dem Karneval hörten wir abends immer die Sambatrommeln – es wurde fleißig geprobt. Am Abend des 2. Februar fuhren wir also aufgeregt an Land und wollten uns unter das närrische Volk mischen. Wir suchten nach der Festmeile (das war gar nicht so eindeutig, obwohl die Stadt klein ist). Waren wir zu früh? Also „verfolgten“ wir ein paar fesch rausgeputzte Mädels. So kamen wir wirklich zur bunt geschmückten Meile mit Zuschauertribünen und einer riesigen roten Lautsprecherwand.

 

Und schon kam auch der erste Block angetanzt. Die kleinsten Karnevalisten waren wirklich niedlich anzuschauen. Am anderen Ende der Meile formierte sich schon der nächste Block. Ein kleiner LKW mit einem riesigen Aufbau für jede Menge Lautsprecherboxen und einer Band obendrauf fuhr vor dem Block. Dazu trommelte eine Sambaband.

 

 



 

Die Stimmung war sehr ausgelassen. Aber die Zuschauer am Straßenrand tanzten doch nicht mit, so wie wir uns das vorstellten. Nach jedem Block, der vorbeizog, fuhr der LKW wieder zurück und holte sozusagen den nächsten Block. Es gab halt nur den einen LKW und es gab auch nicht so viele Einwohner, die den Gaudi mitmachten. Wir sahen in verschiedenen Kostümen immer wieder dieselben Gesichter. Auch die eine Sambaband lief immer auf und ab. Zwischendurch gab es ordentlich was auf die Ohren aus der gewaltigen Wand von Boxen. Den Sound mixte DJ Chapolin.

 

 

Leider eine anstrengende Art von brasilianischer Discomusic. Auf unserem Rückweg kamen wir an einigen Kneipen vorbei, in denen sich die Gäste den Karneval in Rio im TV ansahen ... Karneval in Soure – ein amüsantes Erlebnis. Wahrscheinlich waren wir die einzigen Touristen beim Karneval in Soure, doch das ließen uns die Einheimischen nicht spüren.

 


Am nächsten Tag fuhren wir mit unserem Dingi ein Stück flussaufwärts und erkundeten dabei noch einen kleinen Nebenarm. Wär´ da nicht eine Pirogue aus dem kleinen Flussarm gekommen, hätten wir ihn sicherlich nicht entdeckt.

 

 

Wir paddelten unter einem Regenwalddach immer tiefer hinein. Von der Tierwelt wurden wir mit wilden Warntönen willkommen geheißen. Diese wurden immer lauter, je näher wir kamen. Bis heute wissen wir nicht, von welchen Tieren diese Laute stammen. Wir sahen große, wunderschön leuchtendblaue Schmetterlinge und kleine Flusskrebse, die sich in ihre Schlammlöcher verkrochen.

 

Es war toll, der Natur so nah zu sein. Die Pflanzenvielfalt war wirklich beeindruckend. Hier regierte noch die Natur und entschied, welcher Baum „gefällt“ wird. Denn immer wieder mussten wir uns an im Flussbett liegenden Bäumen vorbeischlängeln. Wir freuten uns sehr über solch ein intensives Erlebnis und fanden es gleich nicht mehr so schlimm, dass der Amazonas von unserer Reiseroute gestrichen ist...

 

Am nächsten Tag gaben wir unser letztes Geld für Lebensmittel aus. Hätten wir gewusst, wie teuer Gemüse und Obst in French Guyana sind, hätten wir in Brasilien mehr davon gekauft. Ein Kilo Bananen kostete z.B. unglaubliche 40 Cent.

 

Am 4. Februar 2008 holten wir den Anker ein und nahmen Kurs auf die Flussmündung des Rio Para. Es hieß Adé Brasilien. So wie wir, war auch unsere „selbstgestrickte“ Gastlandflagge mitgenommen.

 

 

Mit dem Wetter hatten wir verdammt viel Glück. Der Wind wehte angenehm von vorn. Wir kreuzten unter vollen Segeln zur Mündung des Rio Para. Mit der Strömung kamen wir gut voran. Da, wie Ihr ja nun wisst, die Strömung aller sechs Stunden aus einer anderen Richtung kommt, hatten wir dann doch ein wenig zu kämpfen, um uns aus den Fängen des braunen Rio Para endgültig zu befreien.

Am Abend passierten wir noch eine letzte Sandbank im Fluss mit etwas Aufregung. Nur mit Motorunterstützung konnten wir an der Sandbank vorbeisegeln, so stark versetzte uns die Strömung. Dann waren wir wieder auf dem Atlantik, aber noch immer war das Wasser braun. Am nächsten Tag passierten wir die Amazonas-Mündung und gleichzeitig den Äquator zum zweiten Mal. Diesmal aber „ordentlich“ mal mit einem Gläschen Martini.

 

 

Erklärung:

Auf dem GPS kann man erkennen, dass wir nur noch 0,003 Minuten (5,6 m) vom Äquator entfernt sind. Innerhalb der nächsten Sekunde überquerten wir den Äquator und kamen auf die Nordhalbkugel. Aus dem „S“ für Süd im Display wurde ein „N“ für Nord, das uns nun längere Zeit begleiten wird.

 

Wir segelten weiter gen Norden. Wir hatten ´frischen´ Wind aus Nordost, in Böen bis zu 44 Knoten. Immer wieder rollten Regenfronten heran, wir verkrochen uns unter dem provisorischen weißen „Tom-Saywer-Segel“, das wir gegen den Regen von der Sprayhood bis zum Steuerrad gespannt hatten.

 

Unsere Sprayhood allein bietet leider bei diesen Regengüssen von der Seite nicht genug Schutz. Die Strömung setzte uns mit drei Knoten nach Nordwest, so hatten wir manchmal 8 bis 9 Knoten Fahrt. Aber das Segeln gegen die Wellen war sehr anstrengend. Die flow wurde immer wieder gebremst. Uns ging es nicht so gut. Wir waren froh, als Marcus dann am 7. Februar nach ungefähr 500 Seemeilen Inseln in der Sonne erblickt ... French Guyana.

 

 

 

 

FORTSETZUNG FOLGT....