04°51´ N / 52°17´ W

Marina Degrade des Cannes im Fluß “Mahury“ – French Guiana

14. Februar 2008

 

 

Liebe Freunde der flow-Crew,

 

nun ist es wieder soweit und ein neuer, diesmal der sechste Reisebericht, geht in den Umlauf. Nach den Erfahrungen in Brasilien kann man rückblickend feststellen, dass die Kapverden außerhalb Europas für uns das sichererste und freundlichste Land waren. Und gleichzeitig empfanden wir schon einen Hauch Exotik und Abenteuer dabei. Doch vor allem spürten wir, dass wir uns nun endgültig von Europa abgenabelt hatten. Und das war das schönste Gefühl! Ein Zurück gäbe es nur noch mit viel Kraftaufwand und etwas Glück mit dem Wind im Frühjahr über die Kanaren nach Europa. Doch das wollten wir ja nicht. Für uns sollte es mit dem Wind weiter Richtung Westen gehen...

 

Wir möchten nun über die Inseln Sao Vicente und Santo Antao berichten. Auf Sao Vicente besuchten wir die Hafenstadt Mindelo. Auf Sao Antao wanderten wir zwei Tage in der nordwestlichen Bergwelt und übernachteten unter einem Baum auf einem Schulhof. Doch dazu später im Reisebericht mehr.

 

Als wir die Insel Sao Antao zum zweiten Mal besuchten, lagen wir mit der flow für ein paar Tage in einer herrlichen Bucht vor Anker. Von dort aus starteten wir auch unsere Atlantiküberquerung. Doch darüber werden wir lieber im nächsten Reisebericht schreiben...

 

 

25. Dezember – 30. Dezember 2007 – Überfahrt nach Sao Vicente und kurzer Aufenhalt auf Sao Antao

Nach einem herzlichen Abschied von Siggi und seiner „Victoria“ lichteten wir den Anker und segelten an dem weißen Sandstrand der Insel Santa Luzia entlang. Dabei dachten wir an den herrlichen gestrigen Tag, als wir auf diesem tollen Strand flanierten. Es war Heilig Abend. Hoch am Wind und mit gerefften Segeln passierten wir den Canal Sujo. Dieser erstreckt sich zwischen den beiden Inseln Santa Luzia und Sao Vicente. Unsere Schleppangel hatten wir natürlich draußen und innerhalb von 10 Minuten hatten wir zwei Thunfische am Haken. Das reichte uns für zwei gute Abendessen völlig aus und wir holten vorsichtshalber die Angel rein, denn Siggi wollte ja auch noch Fische haben. Unser Kurs führte uns entlang der Nordküste von Sao Vicente. Diffuses Licht verwandelte die imposante Bergsilhouette in bizzare Formen.

 

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Die Insel Sao Vicente war eigentlich nicht unser Ziel. Deshalb verabschiedeten wir uns auch von Siggi, der diese Insel anlaufen wollte, um noch einige Reparaturen zu erledigen. Die Hauptstadt Mindelo ist die fortschrittlichste Stadt der Kapverden. Für uns gab es mehrer Gründe, Mindelo nicht anzulaufen. Wir hatten keine Lust auf Großstadtrummel und die damit verbundene Kriminalität. Dies hatten wir in vielen abschreckenden Reiseberichten über Mindelo gelesen. In den Berichten wurde die Kriminalität damit begründet, daß Armut, Arbeitslosigkeit und Anonymität die Hemmschwelle eines Überfalls der Einheimischen auf „reiche Touristen“ herabsetzen. Was wir aber später feststellten, war genau das Gegenteil. Man sollte sich lieber immer selber sein Bild machen. Ein weiterer Aspekt für das Nichtanlaufen der Insel Sao Vicente begründeten wir damit, dass wir auf den Kapverden noch nicht einklariert hatten. Beim Anlaufen von Mindelo sollte man dies tun, denn dies ist neben Sal die einzige Insel, auf der man Ein- und Ausklarieren kann. Auf dieses Prozedere, was wir uns sehr zeitaufwendig vorstellten, hatten wir einfach keine Lust. Dann drückte auch irgendwie unser Zeitplan, den wir uns mal aufgestellt hatten. Und so sollte es eben der einzige Hafen (Porto Novo) auf der Insel Sao Antao sein. Doch wir hatten die Rechnung nicht mit dem Wettergott gemacht. Alles lief bis kurz vor Porto Novo super. Mit fünf Windstärken segelten wir direkt auf den Hafen zu. Wir wiegten uns bereits hinter der Hafenmole (die im Hafenhandbuch riiiesig aussah) in Sicherheit. Doch was war das?! Plötzlich mussten wir bis auf einen kleinen Fetzen Großsegel alles reffen (wegnehmen/verkleinern), da drei Meilen vor Porto Novo der Wind auf beachtliche acht Windstärken zunahm (in Böen blies es mit 77 km/h). Auch die Wellen wurden schlagartig höher. Das waren keine guten Vorraussetzungen für ein entspanntes Ankern hinter der Mole. Wir segelten trotzdem bis hinter die Hafenmole, die uns plötzlich winzig erschien. Viel Schwell, wenig Platz und zahlreiche Fischerboote machten ein sicheres Ankern dahinter unmöglich. Wir mussten umkehren.

Na, dann eben doch Mindelo! Blöd war nur, dass der Wind nicht abnahm und wir nach Mindelo kreuzen (hoch am Wind segeln) mussten. Marcus übernahm die Aufgabe des Segelwechseln. Dabei musste er vorn auf dem Deck der flow das neue Vorsegel am Vorstag befestigen. Es kamen ganz oft Brecher rüber, die ihn von der einen auf die andere Seite mitrissen. Als die gereffte Fock endlich gesetzt war, konnten wir die nur 20 Kilometer bis nach Mindelo in Angriff nehmen. Ihr werdet es nicht glauben, aber das waren unsere ersten Sturmerfahrungen (ständig Wind über 38 kn) seitdem wir mit der flow unterwegs sind. In solchen Situationen denkt man natürlich nicht daran, zu fotografieren. Deshalb haben wir erst kurz vor der Einfahrt in die geschützte Bucht von Mindelo ein Foto geschossen. Da war das Gröbste natürlich vorbei.

 

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Wir fanden neben zahlreichen Yachten vor einer Marina einen sicheren Ankerplatz. Dort sahen wir die Arche Noah liegen und am Abend legte sich auch Siggi noch vor Anker. Na, da waren wir alle wieder komplett...

 

Am nächsten Tag widmeten wir den ganzen Vormittag der flow. Es entstand unter Annes Zauberhand die Flagge unseres nächsten Zieles in der Karibik: Dominica.

 

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Am Nachmittag ging es auf Erkundungsrundgang in die Stadt. Doch vorher suchten wir das Hafenamt auf. In einem unscheinbaren Raum saß ein netter Beamter, der uns ohne viel Worte zwei Stempel in unsere Reisepässe drückte: Entrada und Salida stand da. Das war alles! Dies hat uns in Brasilien sehr weitergeholfen.

 

Wir hatten bereits berichtet, dass es in Tarrafal auf Sao Nicolau ein paar China-Läden gab. Doch hier wurden zudem Sterne für die zahlreichen Läden vergeben! Wir fanden sogar einen 5-Sterne-China-Laden, der auf den Namen SUPER CHINA hörte. Von den Einheimischen war er recht gut besucht. Da hingen tolle goldbestickte Glitzerkleider rum. HIFI-Anlagen, Digitalkameras erregten die Aufmerksamkeit der Männer...

 

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Es gab aber auch andere Bilder auf den Strassen der Stadt zu sehen. Für ein kleines Trinkgeld hätte man seine Schuhe neu besohlen oder nähen lassen können. Einfach so, auf einem Platz war die Werkstatt der Schusterei aufgebaut. Dort wurden auch Bananen aus der Schüssel, in der wahrscheinlich sonst die Wäsche gewaschen wird, verkauft.

 

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Allgemein konnte man feststellen, dass die Stadt viele Gesichter hatte: man sah viel Armut unter den Menschen, aber wiederum auch gut gekleidete Leute, kaputte Häuser und 50 Meter weiter schöne, gepflegte Plätze...

 

Als unser kleiner Stadtbummel langsam dem Ende zuging, stellten wir beide einstimmig fest: Hier gefällt es uns nicht so wie in Tarrafal. Oh, Gott, da fing wohl schon unser Großstadtsyndrom an. In Belem Brasilen erreichte es später den Höhepunkt.

 

Nach diesen Stadterlebnissen verbrachten wir den nächsten Vormittag mit der Erkundung der vielen alten Schiffswracks, die in der Bucht von Mindelo vor Anker lagen. Mit unserem kleinen Dinghi fuhren wir ganz dicht ran, wie damals in Funchal (Madeira) – als Marcus das Heck der AIDA DIVA anfasste – doch das ist eine andere Geschichte. Hier wurde man nicht verjagt und konnte die Rostlauben aus nächster Nähe bestaunen und berühren.

 

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Ein paar Meter weiter lagen mehrere Wracks, die so langsam vor sich hin rosten.

 

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Doch neben den vielen alten vergessenen Schiffen gab es auch ein neues High-Tech-Segelboot zu sehen, welches sicherlich um ein wesentliches teurer als der oben abgebildete 40 m lange Frachter sein könnte.

 

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Aufgrund eines gebrochenes Mastes musste der junge Held sein Schiff hier in Mindelo an die Leine legen und vier bis acht Wochen auf seinen neuen High-Tech-Mast warten...

Am Nachmittag bestiegen wir den höchsten „Berg“ der Stadt Mindelo (den sieht man im Hintergrund der Britair-Segelyacht). Wir hatten einen herrlichen Blick auf die Bucht von Mindelo und den weiten Atlantik.

 

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Den Weitblick und die Ruhe brauchten wir auch, denn so konnten wir unsere Gedanken ordnen. Wir fühlten uns beide seit dem Morgen irgendwie unwohl und wussten nicht so recht warum. Doch der herrliche Blick in die Weite und auf die Insel Sao Antao brachte die Lösung. Wir waren Sklaven unseres Reiseplans geworden und hatten eigentlich die Absicht, Silvester auf dem Atlantik zu sein. Endlich stellten wir uns die Frage: Warum hetzen wir durch den Atlantik, um so schnell wie möglich in die Südsee zu kommen, obwohl es uns hier gut gefällt? So schnell kommen wir doch nicht noch einmal hierher! Genau diese Sätze hörten wir auch des öfteren von Siggi. Doch wir waren noch nicht offen für solche Weisheiten.

 

Mit dem Entschluss, den Abfahrtstag in die Karibik weiter nach hinten zu verschieben und nach einer Fährverbindung zur Insel Sao Antao zu schauen, fühlten wir uns plötzlich viel wohler. Zwei Stunden später hielten wir die Fahrkarten in den Händen, Marcus konnte wieder Lachen, Späße machen und Anne hatte ihr sonniges Gemüt wieder. Nun mussten wir Siggi noch bitten, auf die flow aufzupassen.

Am Abend feierten wir mit Siggi in der hiesigen Hafenbar bei Livemusik unsere erworbene Freiheit. Ja, so war es wirklich, wir fühlten wie eine Last von uns gefallen war...


28. Dezember – 29. Dezember 2007 – Aufenhalt auf Sao Antao

Puhh, ging der Abend lang! Mehrere Musiker, die da wohl Stammgäste zu sein schienen, wechselten sich mit der eigentlichen Band ab. Die Musikinstrumente wurden von der Band freundlich weitergereicht. Es war eine wunderbare musikalische Abwechslung verschiedener Nationen. Mensch, und wir wollten erst zu Hause bleiben. So wie immer, ´ne Runde Rommé oder Dame dann zeitig ins Bett?! Ne, auf die Strasse musste, um was zu erleben!!!

 

Das Aufstehen fiel uns am Morgen danach sehr schwer. Zum Glück hatte Anne schon unsere beiden Rucksäcke für das Outdoor-Adventure gepackt. Noch schnell ein paar Schnitten geschmiert und in die Brotdose gepackt und schon ging es mit eiligem Schritt zum Fähranleger. Wir waren völlig erstaunt, als die Leinen plötzlich fünf Minuten vor der geplanten Abfahrt losgeworfen wurden.

 

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Noch ein letzter Blick auf die flow und die noch anderen schlafenden Yachten und dann auf zu neuen Zielen.

 

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Als wir in Porto Novo auf der Nachbarinsel Sao Antao ankamen, erwartete uns ein enormer Menschenauflauf. An dem Zaun, der das Gebiet rund um den Fähranleger abtrennte, standen zahlreiche Leute und alle wollten, dass wir mit ihnen mitfahren. Es war so ein lautstarkes geschäftiges Treiben, dass nur das Zuschauen schon faszinierte. Natürlich nahmen wir nicht den erstbesten Aluguer (Sammeltaxi). Nein, wir nahmen den Geschäfttüchtigsten von allen. Ein Aluguer nach dem anderen fuhr weg. Nicht immer vollgepackt mit Menschen, aber sie fuhren. Nur wir saßen zu sechst und später zu neunt (da waren sogar die Notsitze belegt) im Wagen bei 29°C und warteten noch geduldig auf unseren Fahrer. Nachdem das Dach auch noch vollgepackt war mit einer Matratze und vielen Kisten, ging es nach einer geschlagenen Stunde Wartezeit erst einmal durch die Stadt, wo wir nach fünf Minuten Fahrt weitere 30 Minuten warteten. Das hat uns so sauer gemacht, dass wir ihm nur die Hälfte des Fahrpreises gaben (4,- € anstatt 8,- €) Aber vorher diskutierten wir lange darüber, wie wir uns dafür „revanchieren“ könnten.

 

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Der Aluguer setzte uns mit drei weiteren Touristen am Rand eines Kraters ab. Das wussten wir natürlich nicht. Wie auch, ohne detaillierte Karte. Doch nur ein paar Schritte weiter, konnte man in den Krater sehen. Wir erblickten  vor allem Felder, Bauern mit ihren Kühen und eine kleine Siedlung.

 

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Auf unserem weiteren Weg sahen wir für uns nun schon gewohnte Bilder. Eine Frau beim Wäschewaschen an einer Wasserstelle und ein alter Bauer mit seinem vollgepacktem Esel.

 

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Als wir dann über den Kraterrand blickten, hat es uns fast die Sprache verschlagen. Es war fast so atemraubend wie der Anblick von den Bergen La Palmas auf die Wolkendecke. Nicht nur uns ging es so, sondern auch drei Wanderern aus Slowenien, die wir auf der Fähre schon sahen und nun mit ihnen ins Gespräch kamen. Eine von ihnen hat in Sao Vicente ein Volontariat und sich ihre Freunde auf die Kapverden eingeladen.

 

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Nach einer Verschnaufpause stiegen wir den steilen, in den Fels geschlagenen Weg hinab ins Tal.

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Auf dem Weg nach unten boten sich uns wunderschöne Ausblicke, die nur die Natur so erschaffen kann.

 

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Der Weg führte uns durch meterhohes Zuckerrohr, Maisfelder und durch Bananenplantagen. Dieses Tal ist so fruchtbar, weil die Bauern ein gut funktionierendes Bewässerungssystem (Levadas) angelegt haben. Das Wasser wird in zahlreichen Kanälen zu den Feldern transportiert. Sogar kleine Wasserfällen konnten wir bei der enormen Hitze finden und uns daran erfrischen. Wir kamen des öfteren an einsamen Häusern vorbei, wo die Bauern freundlich grüßten. Wir sahen Esel, Kuhställe, Ziegen, spielende Kinder und Frauen an Wasserstellen. Uns kam es manchmal so vor, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Es hätten ebenso gut die sechziger Jahre sein können. Eine heile, scheinbar unkomplizierte Welt ...

 

Und plötzlich kam ein wirklich süßes Pärchen des Weges. Die kleine mit den beiden Zuckerrohrwedeln schenkte Anne sogar ein Blümchen, was sie in den Händen hielt. Wirklich niedlich und herzergreifend. Und das kleine süße Gesicht dazu...

 

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Weiter talabwärts passierten wir Orte, die in unserer Wanderkarte nicht vermerkt waren. Hier herrschte absolute Ruhe und Gelassenheit unter den Menschen. Meist sah man Männer an irgendeiner Bar sitzen. Wir fragten des öfteren die Männer, ob dies der richtige Weg nach Pául sei und lallend bekamen freundlich wir zur Antwort: Si!

 

 

 

 

 

 

 

 


Jungs spielten mit kleinen Murmeln, einige andere kauten an ihrem Zuckerrohr.

 

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Ja, dann sahen wir auch zu, wie eine reife Bananenstaude oder vielmehr der ganze Baum gefällt wurde. Glücklich zeigte uns der Bananenmann seine Ernte.

 

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Immer weiter ging unsere Reise und das Tal wollte nicht enden. Ein Blick zurück sagte uns, dass wir mit dem Wetter viel Glück hatten und eine tolle Aussicht von Oben hatten.

 

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An einer Schule war eine Weltkarte an die Wand gemalt. Da sahen wir erst einmal, wie weit weg wir doch von Deutschland sind.

 

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Und nach sechs Stunden Fußmarsch erreichten wir das Meer und die Stadt Pául. Die kleine Stadt war schnell abgelaufen. Plötzlich zog uns Kindergeschrei an. Wir landeten mitten in einem packendem Fußballspiel der „einheimischen Bezirksliga“. Dabei wurde barfuss auf dem rohen Beton gebolzt. Der beste Spieler ist gerade auf dem Foto in Aktion. Die Spieler, mit Fußballschuhen und Socken, saßen auf den Bänken.

 

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Wir kauften in der Stadt Pául noch ein bisschen was zu essen ein und fuhren mit einem Aluguer in die nächste größere Stadt Ribeira Grande.

 

Ja und nu? Wir wussten erst mal nicht weiter. Wir brauchten einen Ort zum Schlafen. Noch drei Stunden blieben uns bis zum Dunkelwerden. Eigentlich wollten wir auch noch etwas Essen gehen. Und die Stadt, in der wir waren, wollten wir eigentlich auch noch ein bisschen anschauen. Wir setzten uns hin und nach fünf Minuten Bedenkzeit saßen wir auf einem Aluguer zum nächsten Ziel, dem Bergdorf Curral.

 

Auf dem Weg dahin stand die Sonne schon tief. Ein wirklich aufregendes Gefühl für uns beide, noch nicht zu wissen, wo wir schlafen werden. Wir fühlten uns hier aber sehr sicher und waren sehr zuversichtlich eine ordentliche Schlafstelle zu finden.

 

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Eigentlich wollte uns der Aluguer bis in die Stadt Curral mitnehmen, doch er lud uns schon vorher ab und so ging es ein Stück zu Fuß weiter bis ein anderer Aluguer anhielt und uns kostenlos bis nach Curral fuhr. So wie Marcus mit seinem holprigen Spanisch den Fahrer verstand, hätten wir auch im Aluguer übernachten können, weil er nicht wollte, dass wir draußen schlafen. Das war uns aber nischt!

Wir stiefelten weiter bergauf. Vorbei am Marktplatz der Stadt, wo die betrunkenen Männer auf Bänken saßen oder bereits am Fußboden schliefen. Also hier doch nichts Einheimisches essen, dachten wir uns...

Im letzten Tageslicht - klingt abenteuerlich, aber so war es - fanden wir einen kleinen Schulhof, wo wir die Nacht unter einem Baum verbrachten. Wir aßen den vorher gekauften Thunfisch aus der Dose mit bissel Butterbrot und fühlten uns richtig glücklich... Ein kleiner Zwischenfall sowie die Geräusche der Tiere machten den Schlafplatz kurzzeitig nicht so sicher. Wir mussten einen Tausendfüßler, der ca. 20 cm lang war, verscheuchen... Aber nach einer Stunde schliefen wir tief und fest.

 

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Am Morgen zählten wir unsere Plessuren. Die Nacht hatten wir bis auf leichte Gelenkschmerzen gut überstanden. Und sehr zeitig, mit dem ersten Hahnschrei sozusagen, ging es weiter bergauf. Da kam uns eine Bauernfamilie auf dem Weg ins Tal entgegen. Uns fielen sofort die hübschen Sachen auf. Die Frau trug sogar ein Täschchen in der Hand. Hätte man die Familie in einer größeren Stadt gesehen, würde man nicht vermuten, dass sie aus einem kleinen Haus in einem abgelegenen Bergdorf kommt (Foto unten).

 

Die unten abgebildete Bergkette sind wir in fünf Stunden nach oben gekraxelt. Vorher mussten wir aber noch ein kleineres Tal durchqueren, das aufgrund eines ausgeklügelten Bewässerungssystems sehr grün war.

 

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Wir kamen mal wieder durch eine Siedlung und waren uns etwas unsicher, ob wir auf dem richtigen Weg nach oben sind. Wir sahen nämlich mehrere Aufstiege zur Bergspitze. An einer Weggabelung stand die Tür zu einem Bauernhof offen. Wir traten hinein und fragten einen Mann nach dem Weg. Ihr werdet es nicht glauben, aber er zog sich sofort seine Badelatschen an und wollte uns spontan begleiten. Das wollten wir zuerst nicht. Warum, wissen wir im Nachhinein eigentlich nicht mehr. Er bot auch gleich an, Annes Rucksack zu nehmen. Zuerst lehnten wir dankend ab. Das sieht doch nun wirklich nicht gut aus, wenn zwei Weiße mit einem Einheimischen, der noch als Träger fungiert, die Berge bezwingen. Doch die Nacht sowie den steilen Anstieg spürte Anne in den Beinen und nach 30 Minuten Widerstand trug Benjamin Annes Rucksack. Er fällte sogar für Anne ein Zuckerrohr. Das sollte sie als Wanderstock nutzen. Das Problem war nur, dass der Zuckerrohrwanderstock eigentlich schwerer als der Rucksack war. Nach 20 Minuten hatten wir den Mut, ihm das zu sagen. Nun hatte Benjamin den Rucksack und das Zuckerrohr zu schleppen. Irgendwie bekamen wir eine Verständigung mit Händen, Füßen, Créol und Spanisch hin. Er zeigte uns viele interessante  Dinge. Ein Sache regte uns sehr zum Nachdenken an, als er die Rizinusfrucht mit einem Stein öffnete und uns die Nüsse mit sehr viel Vorsicht zeigte. Wir erzählten ihm dann von unseren Rizinuserfahrungen....

 

Beim Fotografieren hielt er Marcus an der Hand und schaute immer ganz ernst. Eigentlich lachte er sonst immer.

 

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Benjamin verewigte unsere Namen neben anderen Namen in der Bergwelt. Ein Kilometer weiter stand auch sein Name in dem Fels.

 

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Der Anstieg war wirklich steil. Vielleicht kann man dies auf dem folgenden Foto erkennen.

 

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Da Benjamin am Vorabend zu viel getrunken hatte und wir mit der Hitze ein wenig überfordert waren, machten wir oft Pausen. Benjamin kaute an seinem Wanderstock. Dies probierten wir auch mal, aber so ein richtig guter Geschmack kam nicht auf.

 

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Nach fünf Stunden Fußmarsch waren wir völlig geschafft an der Passstrasse angekommen. Wir verabschiedeten uns von Benjamin und gaben ihm alle unsere Süßigkeiten sowie etwas Geld. Über das Geld war er völlig überrascht. Wir denken noch heute dankbar an ihn und unseren gemeinsamen Aufstieg zurück – wir in Wanderschuhen und er in Badelatschen. Es war ein unvergessliches Erlebnis. Denn er hatte sehr viel Charme und Feingefühl. Und ehrlich, an manchen Stellen hätten wir nicht gewusst, wo wir weiter gehen sollten.

 

Nach zehn Minuten Wartezeit nahm uns ein Auto mit nach Porto Novo. Wir saßen auf der Ladefläche neben einer Kiste, aus der es gewaltig nach „frischem“ Fisch roch.

 

Wir erreichten pünktlich unsere Fähre, die diesmal ganze zehn Minuten vorher ablegte. Völlig geschafft und voll mit neuen Eindrücken ließen wir uns in die Plastestühle fallen.

 

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Beim Einlaufen der Fähre in Mindelo galt natürlich der erste Blick unserem zu Hause. Es war noch an der gleichen Stelle und alles sah gut aus.

 

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Wir verbrachten noch einen Tag in Mindelo und dann ging es mit der flow nach Sao Antao. Wir landeten in der Bucht Tarrafal, die wunderbar grün ist. Dort feierten wir bei uns an Bord Silvester und starteten am 02. Januar 2008 unsere Atlantiküberquerung. Über diese Zeit werden wir euch im nächsten Reisebericht erzählen ...

 

 

FORTSETZUNG FOLGT....