11°22,0´ N / 63°07,2´ W

vor Anker bei den Los Testigos - Venezuela

22. Mai 2008

 

 

Liebe Freunde der flow-Crew,

 

es ist höchste Zeit für einen neuen Reisebericht! In diesem elften Reisebericht könnt Ihr erfahren, was wir einen Monat lang in French Guiana erlebt haben. Ein Spaziergang sowie eine Flussfahrt mit unserem kleinen Dingi durch den Tropischen Regenwald waren dabei für uns die wohl aufregendsten Erlebnisse...

 

07. Februar 2008 – 09. März 2008 – French Guiana, Marina Degrad des Cannes

Nach vier Tagen nasser Überfahrt erblickten wir am Morgen die zahlreichen kleinen Inselchen vor der Küste French Guianas (demnächst immer mal FG abgekürzt). Es war mal wieder super Timing, nach solch einer langen Strecke, von Brasilien kommend (500 Meilen, entspricht ca. 900 km), im Hellen die Küste anzulaufen. Hinzu kam, dass für die Einfahrt in den Hafen die Strömung mit uns war. Also alles perfekt, um den Hafen Degrad des Cannes, der im Fluß Mahury  liegt, anzulaufen.

 

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Für diesen Teil der Welt hatten wir keine Detailkarten in Papierform, geschweige denn ein Seehandbuch. Die gleichen Voraussetzungen wie in Brasilien also. Doch wir hatten einen Trumpf im Ärmel, nämlich die elektronischen Seekarten (C-Map) auf unserem Laptop. Mit denen sind wir auch im gesamten Rio Para bis Belem und zurück rumgeschippert. Wir nutzen diese C-Map-Karten nur, um Wegpunkte festzulegen und Hafenansteuerungen anzuschauen. Für eine ständige Navigation mit dem Computer fehlt uns der Strom an Bord und auch eine Verbindung zum GPS...

 

Da gibt es eine kleine Geschichte zu erzählen. Als wir von Soure (Brasilien) los sind, stand unser Ziel so grob fest. Wir wollten die Hauptstadt von French Guiana, Cayenne, anlaufen. Wir waren uns so sicher, dass es in jeder Hauptstadt einen großen Hafen gibt. Glücklicherweise schaute Marcus nochmals auf dem Weg nach Cayenne neben den Tidenzeiten auch in die C-Map-Karten rein. Und siehe da, falsche Annahme!!! Nach Cayenne kann man, wenn überhaupt, nur bei Hochwasser einlaufen und ein Hafen war gar nicht vermerkt. Ferner war keine Fahrrinne dargestellt, die den Weg um die vielen flachen Stellen weist. Oh Gott, wir dachten schon, das Ziel French Guiana können wir abschreiben. Doch zum Glück war ca. zehn Meilen südlicher der Hafen Degrad de Cannes eingezeichnet. Zu dem soll eine betonnte Fahrrinne, die auf sieben Meter ausgebaggert ist, führen. Das war dann unser neues Ziel, ohne zu wissen, was uns dort erwartet...

 

Da wir erst die Hälfte der Strecke hinter uns hatten, konnten wir noch schnell umdisponieren. Als wir dann in die Nähe von Degrad de Cannes kamen, stimmten die C-Map-Karten nicht so recht mit der Realität überein. Die Ansteuerungstonne war nicht an der Stelle, wo wir sie vermutet hatten. Rechts und links von der Tonne sollten Untiefen (flache Stellen, die man meiden sollte) sein. Also war es wichtig, die Tonne zu finden. Die Sonne schien, die Sicht war gut und so erkannten wir einige Zeit später die Ansteuerungstonne in den Fluß Mahury und auch die weiteren Fahrrinnentonnen. Bei gutem Wind segelten wir sehr konzentriert Tonne für Tonne ab. Man musste höllisch aufpassen, da die starke Strömung, die uns so schnell hierher gebracht hat, die flow sehr versetzte. Nach fünf Meilen wurde plötzlich die Wassertiefe bedenklich flach, obwohl wir exakt in der ausgetonnten Fahrrinne segelten. Von den C-Map-Karten wussten wir, dass bei Ebbe einige Stellen neben der Fahrrinne trocken fallen können. Bei acht Meter Wassertiefe war noch alles gut, aber als der Tiefenmesser nur noch 2,5 Meter (obwohl es überall sieben Meter sein sollten) anzeigte, wurden wir sehr unruhig. Bei einem Tiefgang der flow von ca. zwei Metern und unserem Erlebnis in Brasilien nahmen wir sofort die Segel runter und starteten den Motor. Das tat Marcus in der Seglerseele weh, da kräftige 25 Knoten Wind die flow vor sich her trieben. Die Entscheidung war letzen Endes richtig, da wir über eine Stelle von nur zwei Metern drüberrutschten. Durch die schnelle Umdrehung des Propellers zog die flow eine hellbraun aufgewühlte Schlammspur hinter sich her. So flach war es! Ausgerechnet da erwischte uns auch noch ein heftiger Regenschauer. Doch wir hatten den Hafen fast in Sichtweite und tasteten uns weiter vorsichtig Tonne für Tonne voran. Glücklicherweise waren die Abstände der Tonnen nicht zu groß gewählt, so dass wir immer noch das nächste Tonnenpaar erblicken konnten. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätten wir den Anker in der Fahrstrasse geschmissen, bevor wir auf das Flach neben uns aufgebrummt wären. Da wir kein Radar an Bord haben, wäre das unsere einzige Chance gewesen.

Doch das Glück war mit uns und wir sahen immer noch eine Tonne voraus, auf die wir zuhielten. Wir näherten uns Stück für Stück dem Hafen. Laut unserer Seekarte soll es hier eigentlich keinen Hafen für Yachten geben, aber wir vermuteten doch zumindest eine Ankermöglichkeit im Fluss. Ist schon aufregend ohne jegliche Information irgendwo einzulaufen. Auf der Ost- und Nordsee würde das nicht so spannend sein. Nach einiger Zeit sahen wir mehrere Militärschiffe liegen und wir befürchteten schon, dass wir hier unerwünscht sind. Doch zu unserer Überraschung sahen wir dann auch ein Segelschiff vor Anker. Und dann tauchten immer mehr Masten auf und wirklich: es gab da eine richtige kleine Marina! Die Erleichterung auf der flow war unbeschreiblich. Da alle Stege belegt waren, ankerten wir erst mal davor und fielen nach vier Tagen Überfahrt müde in die Kojen.

 

Am nächsten Morgen machte Marcus das Dingi klar, um am Steg zu fragen, bei wem wir längsseits gehen könnten. Wir durften an einem französischen Stahlschiff festmachen. So lernten wir die siebenköpfige französische Familie kennen: Alain und Celine mit ihren fünf Kindern im Alter von 6 bis 11 Jahren. Sie sind schon seit drei Jahren unterwegs. Nun könnte man ja einen turbulenten Liegeplatz annehmen, aber eigentlich hatten wir hier seit unserer Atlantiküberquerung das erste Mal wieder einen göttlichen Schlaf an diesem ruhigen und sicheren Liegeplatz. Und vor allem ohne Moskitos an Bord. Eine Wohltat!

 

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Vom Schiff aus hatten wir einen schönen Blick auf den Regenwald flussaufwärts. Manchmal gab es ganz wunderbare Stimmungen oder der Himmel entlud sich mal wieder besonders kräftig. Aber fast immer sahen wir, wie über den Bäumen das Wasser verdunstete und der Wald „dampfte“.

 

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Nun befanden wir uns sozusagen auf europäischem, nämlich französischem Terrain. Hier konnten wir ganz „normal“ in Euro bezahlen und das fühlt sich erst mal putzig an soweit weg von Europa.

 

Voller Enthusiasmus nahmen wir die französische Sprache in Angriff.

 

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Und nutzten jede Gelegenheit, mit unseren Nachbarn zu lernen. Das war sogar „spielend“ möglich, denn mit der kleinen Fußballmannschaft von nebenan gab es mehrmals ein Match. Dann ging es immer mit Wörterbuch zum Fußballplatz.

 

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In der kleinen Marina Degrad des Cannes lagen ungefähr 20 Schiffe. Das waren fast alles französische Yachten und die Leute lebten darauf. So sparten sie erheblich Mietkosten, da einige sogar hier in FG arbeiteten. Andere gingen aber auch zurück nach Frankreich, um dort ein wenig Geld zu verdienen. Sie ließen ihre Schiffe zurück. Wie Schiffe aussehen können, die monatelang, vielleicht sogar auch Jahre lang, in diesem braunen Flusswasser liegen, sieht man auf dem nächsten Foto. Das tropische Klima gibt ihnen noch den Rest.  Das tut echt weh!!!!

 

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Außerdem gab es in der Marina ein paar Fischerboote, die den brasilianischen sehr ähnlich waren. Nur, dass die Fischer hier mit fetten Außenbordmotoren fuhren und nicht mit alten, lauten und qualmenden Dieselmotoren. Daran erkannte man schon den höheren Lebensstandard im Vergleich zu den Kollegen in Brasilien. Es waren alles Brasilianer, die in FG wahrscheinlich besser vom Fischfang leben können als in ihrer Heimat. Sie lebten auf diesen kleinen Booten und manchmal gesellten sich auch noch Hunde dazu.

 

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Von der Marina gibt es noch zu berichten, dass uns 220 Volt unbegrenzt zur Verfügung standen, obwohl in Südamerika 110 Volt üblich sind (so war es auch in Brasilien). Ein weiteres Highlight war der Luxus einer Dusche mit warmem Wasser (das gab es seit den Kanaren nicht mehr!!!). Anne versenkte gleich am dritten Tag den geborgten Schlüssel für die Dusche. Aber es gibt ja zum Glück  Schlüsseldienste...

Da niemand in der Marina Liegegebühren bezahlte, gab es während unserer Zeit auch kleine Reibereien mit den Marineros. Und irgendwann, kurz vor unserer Abreise, flossen für nur 30 Minuten durch die Stromleitungen nicht 220 Volt, sondern 380 Volt! Das reichte aber schon, dass bei den meisten Schiffen die Bordelektrik und -elektronik zerstört wurde. Kühlschränke, Waschmaschinen, die auf den Stegen standen, waren auch betroffen. Wir hatten nur ein Autoladegerät zu beklagen, dass gerade unsere Bordbatterien lud. Sonst war zum Glück nichts weiter angeschlossen (kein Laptop oder sonstiges...).

 

Ansonsten gab es in der Nähe einen Pier für große Frachtschiffe, die aus Frankreich alles bringen, was in FG gebraucht wird. Von der Nähnadel über Lebensmittel bis zu Kalk für das Zementwerk. Da kam es manchmal vor, dass die Schokolade an den Keksen aus dem Laden ranzig war, da sie bei dieser langen Überfahrt nicht gekühlt wurden. Sogar alles Obst und Gemüse wurde aus Frankreich eingeschifft. Was für uns unbegreiflich ist, da man preiswertes Obst und Gemüse von den Nachbarn Suriname oder Brasilien importieren könnte. Deshalb kostet ein Kilo Äpfel auch mehr als fünf Euro oder Tomaten bis zu neun Euro. Wenn die Hafenarbeiter jedoch  streikten, was öfter vorkommt, waren die Regale in den Läden wie leergefegt. Da sah man, dass die eigene Produktionskraft verschwindend gering ist oder nicht gefördert wird.

 

Was es jedoch immer gab, waren knusprig warme, lecker duftende, frische Baguettes vom Bäcker. Der war sechs Kilometer entfernt, aber immer wenn wir nach Remire radelten, kamen wir nicht am Bäcker vorbei, ohne ein Baguette zu kaufen ... und dann ein Biß ins noch warme Baguette – ein göttlicher Moment. Alle anderen Backwaren waren unbezahlbar. Eine kleine Torte zum Valentinstag kostete 30 Euro ...  das muss Liebe sein!

Wenn wir schon von einem Biss ins frische Baguette schwärmen, könnt Ihr Euch sicherlich vorstellen, wie es gewesen sein muss, wenn es zum Frühstück frische Butter von den Kapverden und lecker selbst gemachte Marmelade vom Dresdner Angelsteg (Danke Ly!) dazu gab. Göttlich!! Leider hielt dieses Wohlgefühl nur ein paar Wochen an, obwohl wir alles rationierten. Wir saßen beim Frühstück immer unter der Kuchenbude und sahen den Wolkenfeldern zu, die über den Regenwald zogen. Marcus machte sich meist einen Plan für den Tag, was man(n) alles abarbeiten kann und Anne träumte bereits am Frühstückstisch vor sich hin...

 

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Ein weiterer Luxus der Marina war ein Telefon am Duschcontainer, das man anklingeln konnte. Diese Nummer schickte Anne per Mail an ihre Eltern, mit denen sie dreimal telefonieren konnte. Marcus telefonierte auch mit Bretti, unserem Freund und Webmaster. Das war wirklich ein Klasse Moment, ihre Stimmen so nah zu hören...

 

In den ersten Tagen erkundeten wir die nähere Umgebung. Über manche Bilder waren wir schon ein weinig schockiert. Wir konnten nicht verstehen, wie Wertgegenstände so dem Zerfall überlassen wurden. Die üppige Natur nahm sich schnell der Sache an und vielleicht in ein paar Jahren ist von diesem großen mobilen fünfachsigen Autokran nichts mehr zu sehen.

 

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In der Nähe der Marina war auch eine Tropenholzhandlung. Auf dem Lagerplatz lagen dicke Mahagoni- und Teakstämme. Am Eingang standen Kokospalmen und wir sammelten einige heruntergefallene Kokosnüsse auf. Auch frische Mangos konnte man am Straßenrand auflesen. Unser Nachbar Alain zeigte uns dann, wie man Kokosnüsse mit der Machete schält und öffnet. Jetzt wissen wir´s und gemeinsam genossen wir die schneeweißen Kokosstücke.

 

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Der Kontakt zu den Leuten in der Marina war nicht so schwer. Als wir feststellten, dass einige Franzosen besser Englisch sprachen als wir, ging alles ganz flüssig. Leider litt unser Engagement, Französisch zu lernen sehr darunter. Als wir dann noch einen weiteren deutschen Segler kennenlernten, war die Motivation und der Lerneffekt gleich Null. Mit Andreas schwatzten wir immer wieder gern mal. Er borgte uns auch für unsere Ausflüge sein Rad. So konnten wir mit unserem Mifa und seinem Rad trotz Regen immer mal nach Remire radeln. Bäcker, Internet, Supermarkt – das waren dann immer zwölf Kilometer und das tat gut für die Beinmuskeln. Er ließ sein Schiff für fast ein Jahr allein, weil er zurück nach Deutschland musste, um ein wenig Geld zu verdienen. Als er wiederkam, waren Ratten an Bord. Die müssen durch irgendwelche Lüftungsschlitze reingeklettert sein und machten sich über die Lebensmittel und sogar über einen Kanister mit destilliertem Wasser her. Die ham ja auch mal Durst die Tiere! Auch wurden Kabel, die ihnen im Weg waren zerknabbert. So funktionierten der Kühlschrank und die Wasserpumpe nicht mehr. Doch Dank unserer deutscher Rattenfallen und Bananen als Köder lebten die fünf Ratten dann nur noch eine Woche.

 

Die Zahl der interessanten Leute, die so unterwegs sind und sich durch´s Leben schlagen ist schon erstaunlich. Bei Andreas an Bord lernten wir eines Abends einen Franzosen kennen, der als Alpinist im Raumfahrtzentrum in Kourou beschäftigt ist. Er arbeitete dort beim Aufbau der russischen Sojus-Raketenbasis. Ansonsten steigt er im Regenwald auf Bäume und nimmt für Forschungsprojekte Tonaufnahmen vom Regenwald auf. Da gäbe es einige andere Geschichten zu erzählen...

 

Während unseres Aufenthaltes regnete es sehr viel. Wir waren unwissend in die Regenzeit geraten. Deshalb hatten wir unsere Kuchenbude wieder aufgebaut (zur Erklärung: die sogenannte Kuchenbude überdeckt das gesamte Cockpit und so hat man noch einen richtigen „Wohnraum“). Manchmal goss es die ganze Nacht in Strömen und am Tage aller viertel Stunden. Die Luftfeuchtigkeit im Schiff war so hoch, dass wir mit Schimmel am Holz und unseren Sachen zu kämpfen hatten. Aber wenn die Sonne schien, trocknete alles wieder ganz fix. Wir verbrachten manchmal fast den ganzen Tag an Bord. So lange Zeit an einem Ort, das war jedoch spätestens nach einer Woche für Marcus ein Problem. An der flow waren keine dringlichen Sachen zu reparieren. Auf den anderen Schiffen gab es auch nichts zu tun und nur rumquatschen, nein Danke! Daher litt Marcus unter einer Art Schiffskoller. Da half nur, dass er sich mehrmals täglich sagte, dass er einfach nur Urlaub habe und nischt machen muss. Aber trotzdem musste was passieren! Zum Glück gab es in der Nähe einen kleinen Strand zum Kitesurfen. Da radelte er hin, wenn Wind und Wasserstand passten.

 

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Dort lernte er Manni kennen, einen 72jährigen Kitesurfer. Er surfte wie einer von den jungen Wilden, hatte aber nur noch einen Zahn ... obwohl in seinem Auto Kite-Ausrüstung im Wert von ca. 3.000 € lag. Ein Original! Er gab Marcus noch viele wertvolle Tipps.

 

Marcus´ Laune wurde schlagartig besser, als wir durch Andreas Silvia kennen lernten und mit ihr mehrere tolle Tagesausflüge unternahmen. Da sie schon seit 20 Jahren in FG lebt, kannte sie einige interessante Orte. Von den 20 Jahren verbrachte sie sechs Jahre ganz allein im Dschungel in ihrem selbstgebauten Carbet (offene Hütte). Sie ging mit ihren Hunden auf die Jagd, pflegte und hielt einheimische Tiere wie Schlangen, Echsen usw... Eine wirklich interessante Frau! Sie kam irgendwann mal, wie übrigens auch Manni, mit ihrem Segelschiff nach FG und blieb hier hängen.

 

Mit Silvia, Andreas und Andreas´ Frau, die aus Deutschland zu Besuch kam, besuchten wir am ersten Tag die Hauptstadt Cayenne. Wir reisten in Silvias klapprigen Golf, der uns echt leid tat. Neben dem ständigen Nachfüllen von Öl und Kühlwasser, musste Silvia ihre Windschutzscheibe mit der Hand hoch und runter lassen und an der gewünschten Stelle mit einem Schraubenzieher festklemmen. Das war möglich, da die Türverkleidung fehlte. Es regnete den ganzen Tag in Strömen und am Ende blieb der Golf auch noch stehen. Nach einer kurzen Pause sprang er jedoch wieder an und wir konnten weiterfahren.

Doch wie erwähnt, wir landeten in strömenden Regen in Cayenne. Wir hatten Glück, denn an diesem Tag war großer Markt. Überall waren Stände aufgebaut. Man konnte sich überdacht von Verkaufstand zu Verkaufstand hangeln. Das Angebot war reichlich und frisch. Von den zahlreichen frischen Kräutern kannten wir jedoch nur einen Bruchteil.

 

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Sogar eine Halle war voll mit Verkaufsständen. In dieser wurden vor allem Gewürzsoßen, Gemüse, duftende Gewürze, Souvenirs und Bilder angeboten. Und es gab Chinesen, die echt lecker kochten. Wir staunten über die interessante Mischung von Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und Herkunft. Von dort liefen wir zum Fischmarkt. Die Fische, die dort angeboten wurden, sahen sehr komisch aus und rochen noch obendrein, obwohl sie gut auf Eis gelegt waren. Uns kam es jedenfalls nicht der Sinn, welchen zu kaufen, obwohl alles akkurat wie in Europa ausgepreist war. Da hätte diesmal zumindest niemand den Touristenzuschlag draufrechnen können.

 

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Unser Weg führte uns weiter zur verfallenen Mole. Da gerade Ebbe war, konnten wir uns davon überzeugen, dass wirklich kein Hereinkommen mit einem tiefgehenden Segelboot möglich gewesen wäre. Wo bei Hochwasser ein Fluss fließt, sah man jetzt eine einzige Schlammwüste! Ein kleines verfallenes Häuschen neben einem Pissoir bot im strömenden Regen ein trostloses Bild.

 

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Als wir alle so richtig schön durchnässt waren und ein paar Einkäufe erledigt hatten, fuhren wir weiter nach Roura. Dies ist ein kleines Örtchen in der Nähe des Regenwaldes. Wir machten Rast am Crique Gabriel (ein Crique ist ein winziger, manchmal befahrbarer Dschungelfluss). Dort kann man Flussfahrten mit Pirogen buchen. Das sind ganz lange schmale Holzboote. Neuerdings haben auch die dicke Außenborder dran.

 

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Aber es goss noch immer Strömen, sodass an eine Flussfahrt nicht zu denken war. Jedoch kam schon da ein bisschen Regenwald-Feeling in uns auf.

 

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Und dann, am nächsten Tag war es soweit. Wir starteten die Reise in den Regenwald. Die Sonne schien und so sollte es den ganzen Tag bleiben. Silvia kam wieder mit ihrem Golf und nahm uns mit Gummistiefeln und Machete (die wir am Vortag in Cayenne bei einem Chinesen gekauft hatten) in den Regenwald mit. Die zweistündige Autofahrt ging über eine schmale Asphaltstraße in Richtung Regina. Diese Strasse wurde mitten in den Regenwald geschlagen. Da fast 90 % der Fläche von FG mit Regenwald bedeckt ist, war es also nicht so schwierig, eine Straße mitten durch den Regenwald zu finden.

 

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Unterwegs hielten wir für einen Abstecher zu Silvias ehemaligem Wohnort an. Der Zugang von der Straße in den Regenwald war fast zugewachsen, auch Silvia musste ihn erst suchen. Und dann, ja und dann waren wir drin... im Regenwald.

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Wir benahmen uns wie zwei kleine Kinder, die gaaanz heimlich einen Ort entdecken, wo noch niemand zuvor war. Schon nach den ersten fünf Metern hüllte uns eine völlig neue Welt ein. Die Geräusche, die Vielfalt der Pflanzen, die Bäume ... wir waren wie verzaubert. Die Faszination war so groß, dass wir erst gar nicht registrierten, wo wir eigentlich nun sind. Silvia kämpfte sich mit der Machete in der Hand durch den Dschungel und zeigte uns nach kurzer Zeit ihr damals selbstgebautes Carbet bzw. die Überreste davon. Inzwischen war aber alles verfallen und überwuchert. Auf dem Foto sieht man den Küchentisch....

 

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Gleich in der Nähe plätscherte ein kleines Crique (ihr ehemaliges „Bad“).  Das Wasser schimmerte golden.

 

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Wir durchquerten den Fluss, um auf der anderen Seite weiter in den Regenwald vorzudringen. Silvia ging mit ihrer Machete voran und machte für uns Touristen einen so genannten Leon, den sie bereits früher angelegt hatte, wieder begehbar.

 

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Dabei hinterließ sie Zeichen an Ästen und Stämmen, damit wir den Weg zurück wiederfinden.

 

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Aufregend schön dieser Regenwald! Ein ganz eigenes feuchtwarmes Klima, dabei ist es aber doch irgendwie angenehm kühl unter dem grünen Dach. Unzählige Tiere erzeugen eine für uns fremde Geräuschkulisse – ein Summen und Zirpen und Rufen und Kreischen. Kein Vogelgezwitscher wie wir es aus unseren Wäldern kennen, nein, es hat etwas Wildes an sich. Und damit natürlich gleich etwas sehr Abenteuerliches, Gefährliches und Fremdes. Man hat das Gefühl, alles wächst förmlich genauso schnell wie es auch wieder verfällt oder vermodert. Dabei wächst alles in riesigen Dimensionen und überwuchert sich gegenseitig.

 

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Nur langsam kamen wir beide voran, weil wir immer wieder stehen blieben und horchten und nach allen Seiten Ausschau hielten. Da, der Schmetterling und dort dieser eigenartig gekrümmte Stamm! Unweigerlich kommen einem dann Schlangen in den Sinn, die sich um solche Bäume winden. Man muss schon hellwach sein beim Durchqueren des Regenwaldes, ein Waldspaziergang wie wir ihn kennen, ist es nicht. Man schlägt sich im wahrsten Sinne des Wortes mit der Machete durch. Man könnte an Stämmen mit großen Dornen hängen bleiben oder in Schlingpflanzen, die sich in´s Fußgelenk schneiden, auf irgendwas treten oder etwas übersehen, was den Kopf trifft.

 

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So bekommt man fast eine kleine Vorstellung davon, wie es zu Urzeiten gewesen sein muss, wenn dann noch riesige Urtiere auftauchen ... Wir bewegten uns immer auf schmalen Pfaden (Leons), die Silvia vor langer Zeit geschlagen hatte, um leise in der Nacht auf die Jagd zu gehen (wir konnten uns keinesfalls vorstellen, hier nachts unterwegs zu sein – es war ja schon bei Sonnenschein zuhöchst aufregend!). Ohne diese Pfade jedenfalls wäre ein Vorankommen in diesem Dickicht unmöglich gewesen. Auf dem Rückweg überraschte uns noch ein tropischer Regenschauer. Damit hatte sich für uns die Wirkung des Regenwaldes potenziert. Alles war nun bedeckt von Regenwasser und glitzerte und glänzte in der Sonne, die kurz darauf wieder schien. Dass der Regenwald etwas Einzigartiges und Schützenswertes ist, daran gibt es für uns keinen Zweifel und wir hatten Lust, noch viel viel mehr davon zu sehen.

 

Leider waren wir viel zu schnell wieder am Auto und in der „Wirklichkeit“. Aber wir waren ganz glücklich über das soeben Erlebte. Silvia wollte uns Regina zeigen, einen sehr abgelegenen Ort tief im Regenwald und in der Nähe zur brasilianischen Grenze. Auf halber Strecke kamen wir an einen Checkpoint. Französische Soldaten kontrollieren dort alle Ausweise und Autos, weil Schmuggler und illegale Goldgräber unterwegs sind (dabei gibt es jedoch tausende „Schlupflöcher“). Apropos Goldgräber: die Ureinwohner hier, die sich tief in den Regenwald zurückgezogen haben, tragen leider bis heute die Folgen des Goldabbaus. Das beim Goldauswaschen verwendete Quecksilber wird mit dem Spülwasser in die Flüsse getragen und gelangt so in die Nahrungskette. Die Urwaldindianer leben jedoch hauptsächlich von der Jagd und verzehren u.a. Fische. Man weiß, dass es viele Missbildungen bei Neugeborenen gibt. Sie haben leider keine Überlebenschance. Aber offiziell tut man nichts dagegen.

 

Silvia hatte im Vorfeld ein Festmahl in Regina für uns organisiert. Eine Brasilianerin tafelte für uns auf: Fisch, Fleisch, Nudeln, Reis, Salat und Soßen – so üppig aßen wir das letzte Mal beim Brunch im Louisenhof hoch über der Elbe! Später gesellten sich einige Franzosen dazu, die gerade aus dem Urwald kamen und auch viel zu erzählen hatten. Einige von ihnen sahen sehr verwegen aus – wow! Wir haben uns nicht getraut, von ihnen ein Foto zu schießen. Vielleicht hätten wir dann ´ne Machete am Hals gehabt....

 

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Während des Essens lief (leider) ein Fernseher. Anne hatte offensichtlich lange nicht mehr in die Röhre geguckt – sie konnte ihren Blick selbst bei diesem Foto nicht abwenden. Zum Glück saß Marcus, genau so eine Fernseheule, mit dem Rücken zum Fernseher....

 

 

Mit vollen Bäuchen liefen wir die Dorfstraße entlang, vorbei an einfachen Holzhütten. (Es fällt uns nicht immer leicht, zu fotografieren. Selbst mit allem Respekt vor den Lebensumständen kommen wir uns manchmal wie Voyeure vor und das ist natürlich das letzte, was wir wollen.)

 

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Wasseranschluss hat man hier nicht in jedem Häuschen. Dieser Mann fuhr mit seinem Geschirr zum Fluss...

 

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Dort sahen wir diese Familie in ihrem Einbaum vorbeifahren.

 

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Am dritten Tag mieteten wir zusammen ein Auto und fuhren Richtung Kaw auf einer ganz schmalen Straße durch den Urwald. Erster Halt war am Crique Gabriel in Escole. Ein völlig abgelegener Ort, es gibt dort nur ein paar Häuser und Silvia kennt dort zwei Männer, die in einer einfachen Hütte wohnen. Hühner gackerten und ein Mann saß mit einem Buch auf der Treppe vor seiner Tür. Aber bitte keine Fotos! Schade. Ein sehr stiller, friedlicher Ort.

 

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Nächster Stopp: Kaskaden im Urwald. Leider waren dort viel zuviel Autos mit lauter Musik am Picknickplatz. Das Rauschen der Wasserfälle übertönte kaum die Bässe. Aber schön war es dort!

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Wir wanderten am Wasser entlang und fanden uns wieder staunend ein Stück abseits vom Trubel im Regenwald wieder. Riesig große Blätter lagen auf dem Boden, hinter denen man(n) sich fast verstecken konnte.

 

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Abends standen wir in Remire vor einem kleinen Chinamarkt inmitten biertrinkender Franzosen. Das ist der lokale Treffpunkt für die tägliche Quatschrunde bei Silvia um die Ecke. Naja, leider konnten wir da nicht so mitreden.

 

Auch am folgenden Tag konnten wir wieder viele neue Eindrücke sammeln. Wir fuhren nach Kourou und machten einen Abstecher zum Raumfahrtszentrum. Silvia bezeichnete diese Stadt als Schlafstadt. Die Stadt an sich hat wirklich nichts weiter zu bieten, außer einem schiefen Leuchtturm und einem großen Platz mit vielen Palmen. In der Stadt wohnen sehr viele Menschen, die im Raumfahrtzentrum von Kourou arbeiten.

 

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In der Nähe des Leuchtturmes lagen oder besser gesagt steckten einige Yachten tief im Schlamm. Pfähle und Festmacherleinen braucht man bei dieser Anlegemethode nicht. Die Yachten stehen von ganz allein aufrecht im Schlamm bis zur Wasserlinie. Hier waren meist Franzosen, die machen ja eh immer so verrückte Sachen. Also wenn, dann kommen sie dort nur bei Springflut (höchstes Hochwasser) jemals wieder raus.  Der Schlamm war so weich und tief, dass große Steine mit einem lauten ´Plupp´ darin verschwanden. Es wäre also nicht angebracht, betrunken vom Schiff kopfüber in den Schlamm zu fallen - LEBENSGEFAHR!!

 

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In diesem Hafen lag auch das Wrack eines bekannten Trimarans, mit dem ein Segler schnell um die Welt wollte. Doch der Tri erlitt mit seinem Helden Schiffbruch und trieb monatelang auf dem Atlantik herum bis ihn das Meer hierher nach Kourou gebracht hat. Ohne Helden, denn der wurde Dank einer Epirb-Boje (die wir übrigens auch haben) gerettet. Die Boje sendet Signale mit Positionsmeldung über Satelliten an ein Rettungszentrum. Nun wird fleißig Geld gesammelt, um den Tri wieder aufzubauen. Doch bis dahin bleibt er erstmal so liegen.

 

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Nach einem kleinen Stadtbummel fuhren wir zum Raumfahrtsmuseum. Eine Ariane-Rakete mit imposanten 45 Metern Höhe steht vor dem Museum und ist natürlich ein begehrtes Fotoobjekt.

 

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In der Nacht, bevor wir French Guiana verließen, startete zufällig solch eine Ariane-Trägerrakete. Davon bekamen wir aber nichts mit. Andreas hatte sich extra eine VIP–Karte besorgt und war dabei. Wie es war, haben  wir leider nicht erfahren, da wir am Morgen die Leinen loswarfen und er noch in tiefen Trägerraketenträumen weilte.

 

Doch zurück zu unserem Ausflug nach Kourou. Wir fuhren weiter auf kilometerlangen Straßen durch das ausgedehnte Raumfahrtsgelände und sahen in einiger Entfernung die vier riesigen Blitzableiter an der Ariane-Startrampe.

 

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An einem Raketentreibstofftank, den man besichtigen konnte, sahen wir zufällig zwei Vogelspinnen. Wir trauten uns ganz schön nah ran... (das ist jedoch Silvias Finger)

 

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Am Abend brachten wir Silvia nach Haus und verabschiedeten uns dankbar von ihr. Sie hat uns an Orte geführt, die wir ohne sie niemals gesehen hätten.

 

Dann kam unser Tag mit dem Mietauto. Wir beide wollten uns nun mal ganz allein in den Regenwald trauen. Aber wir nahmen dann doch eine uns schon vertraute Straße und fuhren mit unserem Dingi und dem Außenborder im Gepäck bis zum Ende der Strasse. Unterwegs flitzten Affen über die schmale Straße, die von üppigen Papageienschnabelblumen gesäumt war. Da es noch früh am Morgen war, hüllte uns zeitweise der Morgennebel komplett ein. Auf dem ganzen Weg kam uns kein Auto entgegen.

 

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Am Ende der Strasse befanden sich ein kleiner Parkplatz und eine Anlegestelle. Wir packten unser Dingi aus. Luft drauf, Paddel rein, Außenborder sowie Benzinkanister eingepackt und los ging die Tour. Noch nicht ganz, denn wir BEIDE schauten erstmal auf eine Art Wanderkarte, in der unser Ziel, das Dörfchen Kaw, abgebildet war. Es ging also erstmal nach rechts. Die Strömung war gegen uns, doch das Wasser war spiegelglatt und mit der Seefrau am Steuer unseres leistungsstarken, aber etwas lauten Außenborders ging es den Fluss hinauf. Er war vielleicht nur 20 m breit, doch rechts und links erstreckte sich eine weite Sumpf- und Schilflandschaft. Ein Paradies für Vögel.

 

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Nach einer Stunde Fahrt sahen wir immer noch nicht das Dörfchen Kaw. Es hieß nun schon im Dingi: „Na, bis zur nächsten Biegung fahren wir noch.“ Doch auch bei der nächsten und übernächsten Biegung wollte das Dörfchen nicht auftauchen. Irgendwann sahen wir ein Haus! Für Marcus war das eindeutig Kaw. Anne war etwas skeptisch. Das war auch gut so, denn als plötzlich kläffende Hunde am Ufer standen, war auch für Marcus klar, dass das kein Dorf, sondern nur ein Privathaus sein kann. Also ging es wieder mit der Strömung zum Ausgangspunkt zurück. Zum Glück schauten wir nochmals auf die Karte und sahen, dass wir in die falsche Richtung gefahren sind. Wir erfahrende Seeleute waren wohl zu aufgeregt, um eine Flusswanderkarte richtig zu deuten. Wir stellten uns da schon die Frage, wie wir so gut Belem in Brasilien erreicht hatten...

Also ging es nochmals ins Dingi und siehe da, nach 20 Minuten sah man plötzlich einen Anlegesteg und eine kleine Siedlung. Kaw!

 

In diesem Flussgebiet lebt der schwarze Kaiman, der bis zu sechs (!) Meter lang wird. Wir sahen keine, dafür aber eine Vielzahl von Vögeln. Ein Ornithologe wäre hier in höchste Extase geraten und hätte vor lauter Lust in die Gummiwulst unseres Dingis gebissen. Wir sahen mit großem Staunen dem Flug von Kranichen und bunten Wasservögeln zu, die vor uns aufflogen.

 

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Wir fuhren einen klitzekleinen Flussarm bis direkt zum Dorf. Kaw ist nur vom Wasser her zu erreichen und ganz winzig. Dementsprechend fielen wir natürlich auch auf, die Kinder „pfiffen es wie die Spatzen von den Dächern“. Unser Spaziergang auf den drei unbefestigten Straßen dauerte also nicht lange (fünf Minuten). Es gibt nicht mal einen Laden, geschweige denn eine Kneipe.

 

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Aber es gibt ein modernes Informationszentrum über das Naturreservat. Dort sahen wir auch ein Modell eines großen schwarzen Kaimans, ein imposantes Reptil. Die weite Schilflandschaft um Kaw soll weltweit das letzte Territorium sein, in dem noch die schwarzen Kaimane leben. Mit unserem Dingi fuhren wir dann zurück und sahen plötzlich braune Ohren im Schilf wackeln. Es war eine Herde Wasserbüffel.

 

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Da auf unserem Plan noch eine weitere Flussfahrt stand, packten wir unsere „Ausrüstung“ wieder ins Auto. Doch nach ein paar Kilometern hielten wir schon wieder. Gummistiefel an, die Machete in die Hand und hinein in den Urwald. Auf dem Hinweg schon sah Marcus einen ganz kleinen Pfad von der Straße abgehen. Da er sich genau gemerkt hatte wo der war, konnten wir diesem ein paar Kilometer folgen. Und schon verschwanden wir wieder in dieser wunderbar aufregenden Geräuschkulisse. Der Weg war zum Anfang für unser Empfinden recht breit. Erst später konnten wir uns mit der Machete Wegzeichen schlagen - nach Silvias Vorbild. Wir fanden einen rauschenden Wasserfall, der ungefähr zehn Meter in die Tiefe stürzte. In der Nähe stand ein mächtiger Baum mit endlos langen Wurzeln.

 

Das sind alles Wurzeln des Baumes

 
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Wir waren aufgeregt und alles um uns war geheimnisvoll – das erste Mal allein im Regenwald! Mit unseren Wegzeichen fanden wir prima den Weg zurück, obwohl wir gern weiter diese Herausforderung ausgekostet hätten. Doch wir hatten noch etwas anderes vor. Wir fuhren ein zweites Mal nach Escole am Crique Gabriel. Als wir mit Silvia dort waren, hatte es uns so gut gefallen. Zu unserer Freude war hier eine Anlegestelle, bei der man Problem das Dingi zu Wasser lassen konnte. So hatten wir die Möglichkeit, den Crique Gabriel ein Stück zu fahren. Diese selbst organisierte Tour hat uns letzen Endes 90 € gespart, denn soviel hätte man bezahlen müssen, wären wir mit einer Piroge unterwegs gewesen.

Also packten wir noch einmal das Dingi aus und wagten uns in das schnell strömende kleine Flüsschen. Unter einer Brücke wurde durch angeschwemmte Bäume die Durchfahrt von zehn auf nur zwei Meter verengt. Dementsprechend stark war die Gegenströmung. Trotz Vollgas standen wir mit  unserem kleinen Dingi zeitweise auf der Stelle. Unter großer Aufregung kamen wir doch noch durch die enge Passage.

 

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Danach atmeten wir und der Außenborder auf und mit halber Kraft ging es trotzdem recht lautstark durch ein überdachtes Regenwaldparadies.

 

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Die Fahrt ging vorbei an übermannshohen „Zimmerpflanzen“. Plötzlich sahen wir kleine Nester, die wie Wassertropfen aussahen. Die Vögel, die in solchen Nestern leben, kannten wir schon, doch leider sahen wir keine.

 

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Auf den Rückweg konnten wir uns mit der zum Teil recht starken Strömung lautlos treiben lassen. Wir trieben vorbei an unserer Anlegestelle und fuhren noch weiter in den Urwald hinein. Der Fluss machte eine Kurve nach der anderen, wo wir gaanz genau auf das Prall- und Gleitufer achteten. Wir kennen das doch noch aus dem Heimatkundeunterricht... Außerdem ist Anne eine erfahrene Elbfahrerin...

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Irgendwann mussten wir jedoch umdrehen. Das der Außenborder nicht wieder anspringen könnte, soweit hatten wir nicht gedacht. Er tat es ja auch – sofort und unter Vollgas ... zur Freude von Paddlern, die kopfschüttelnd an uns vorbei trieben. Wir kämpften uns eine Stunde wieder zur Ausgangsposition. Dort beschlossen wir, diesen herrlichen Tag mit einem Picknick in einer blauen Piroge, die wir dafür einfach enterten, ausklingen zu lassen.

 

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An diesem Tag kamen wir erst spät zur ´flow´ zurück und hatten etliche Kilometer mit dem Auto und dem Dingi hinter uns. Das Mietauto, das wir uns mit Andreas & Andrea teilten, gehörte am nächsten Tag den beiden und sie gaben es auch zurück. Wir hatten drei sehr erlebnisreiche Tage mit unglaublich vielen Eindrücken!

 

Nun wurden die Tage wieder ruhiger. Wir erledigten dies und jenes am Schiff und lebten den ganz normalen Segleralltag. Anne nähte Flaggen für die nächsten Etappen: Suriname, Guyana, Trinidad & Tobago, Venezuela. Außerdem buchte sie einen Flug für Ende Mai nach Deutschland, es gibt doch so einige Sehnsüchte...

Marcus kümmerte sich um die Technik an Bord. Zum Beispiel wollte das GPS nicht mehr die Position empfangen. Außerdem ging er oft an den Kitestrand, wohin ihn manchmal der größte der vier französischen Brüder vom Nachbarschiff begleiten durfte. Kiten konnte man allerdings nur bei Ebbe. Bei drei Meter Höhenunterschied war der Strand dann gerade mal so breit, dass man den Kite starten konnte, ohne dass er in den dahinter liegenden Palmen hängen blieb. Man musste wirklich höllisch aufpassen, denn Manni erzählte, dass er schon viele Kites repariert hat, die in den Palmen landeten.

 

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Zwischendurch gab es kleine Aufregungen in der Marina, da grooße Baumstämme auf die Steganlagen trieben. Das war meist am Morgen. Eines Tages steckte plötzlich ein schwerer Palmenstamm mit Wedeln zwischen der flow und unserem französischen Nachbarn. Der Fluss keilte mit kräftigen vier Knoten Strömung den Stamm förmlich zwischen unsere Boote. Die Festmacher spannten sich bedenklich, so dass wir was unternehmen mussten. Auf einem anderen Schiff holten wir den Stamm mit Hilfe einer Winsch unter unseren Schiffen hervor. Dann drückten wir sie auseinander, so dass der Stamm Platz hatte, hindurchzuschwimmen. Von dieser Aktion gibt es leider keine Fotos, weil wir alle Hände voll zu tun hatten. Doch als ein langer Baumbusstamm sich verkeilte und beim Herausziehen etliche Kratzer an der flow hinterließ, nahm Anne den Fotoapparat zur Hand.

 

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Mit Entsetzen sahen wir aber eines Tages, dass eine Wespe versuchte, ihr Nest an unserem Schrank im Salon zu bauen! Das war für uns ein ganz sicheres Zeichen, dass wir nun schon ganz schön lange an einem Ort sind. Zu lange?

 

Einen Ausflug wollten wir aber auf jeden Fall noch machen: Von der Marina aus brauchte man nur ein paar Flusskilometer aufwärts fahren bis zu einer Dschungelkneipe. Darauf waren wir gespannt. Wir machten diesen Ausflug am 4. März 2008 mit Andreas, denn er war schon mal dort. Wir nahmen sein Dingi, denn es war viel größer als unseres, aber dafür schon sehr gebraucht, d. h. eigentlich war es schon kaputt. So hatten wir zu dritt während der Fahrt alle Hände voll zu tun: Marcus steuerte, Anne schöpfte Wasser und Andreas pumpte immer wieder Luft auf. Das ging eine gute halbe Stunde so, aber wir kamen gut am Steg der Kneipe an.

 

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Leider waren die beiden Ungarn, die diese Dschungelkneipe gebaut hatten, nicht da. Doch eine Katze und ein alter Hund begrüßten uns freundlich. Nach ein paar Streicheleinheiten wurden hier akzeptiert...

 

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Die große Terrasse stand auf Pfählen und war überdacht. Das war auch schon alles. Ringsum war alles offen, Wände gab es praktisch keine. Wenn man an der Bar saß, konnte man durch die Küche den Regenwald sehen. In einem großen Raum hingen mehrere Hängematten, in denen man für fünf Euro die Nacht verbringen kann.

 

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Wir nutzten die Gelegenheit, eine Runde Tischfußball zu spielen. Dann kamen die beiden Ungarn mit ihrer Piroge. Sie erzählten uns, dass sie mehrere Jahre in der Fremdenlegion waren und nun auf mehr Gäste in ihrem Dschungelcamp hoffen. Und dass sie nun endlich Internetanschluss hätten! Und so kam es, dass wir im Regenwald und weit ab von der Zivilisation unsere Mails checken konnten. Das war schon ein putziges Gefühl!

 

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Uns hat es dort sehr gefallen, alles war sehr gastlich und für Leute, die lieber ein richtiges Bett mögen, haben die Jungs auch richtige Zimmerchen gebaut auf einem weiteren Teil der großen Terrasse. Es gab Duschen und Toiletten – alles wunderbar. Sonnenkollektoren spendeten die nötige Energie. Leider gibt es noch keine Website, sonst könnten wir diesen schönen Ort weiterempfehlen. Nach einem Drink an der Bar verabschiedeten wir uns von den beiden und ließen sie in ihrer Abgeschiedenheit zurück. Natürlich belächelten sie uns in unserem wundersamen Dingi...

 

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Am Steg in der Marina war inzwischen der Kontakt zu den anderen Seglern ganz vorzüglich. Wir tauschten Seekarten miteinander und natürlich viele andere praktische Informationen. Zum Abschied bekamen wir sogar Früchte und Kokosnüsse für die Reise geschenkt.

 

Und dann, am 9. März, stand „unsere“ französische Familie zum Sonntagmorgen sieben Uhr bei strömendem Regen an Deck, um uns zu verabschieden und noch lange zu winken. Das ehrte uns wirklich sehr, denn sie müssen die restliche Woche schon um sechs Uhr aufstehen, um die Kinder zur Schule zu bringen. Es war für uns ein schwerer, aber auch schöner Abschied. Leider gibt es davon keine Bilder, weil es wirklich in Strömen regnete.

 

Nach einem Monat segelten wir wieder zu neuen Ufern. Wir passierten mit der flow die Mole von Degrad des Cannes und den Pier der Militärschiffe. Dann waren wir wieder in dieser schmalen Fahrrinne. Wie bei der Ankunft erwischte uns auch jetzt bei der Abreise eine dunkle Regenfront mit Sichtweiten unter 50 Meter. Um ehrlich zu sein, wir dachten sogar an Umkehren. Nach 30 Minuten war der Spuk vorbei. Unser guter alter Volvo kämpfte gegen zwei Knoten Gegenströmung, 25 Knoten Wind und bis zu zwei Meter hohe Wellenberge an. Das Großsegel musste zur Unterstützung gerefft gesetzt werden. Eine Stunde hat es gedauert, dann waren wir endlich auf dem offenen Meer und konnten volle Segel setzen für unsere Überfahrt nach Suriname....

 

 

FORTSETZUNG FOLGT...